Full text: Lesebuch für unterfränkische Fortbildungsschulen

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Teile erwarten ein wärmeres Interesse und tiefergehendes Ver¬ 
ständnis für die innern Beweggründe und Wünsche, die dem 
streitigen Sachverhalt zu Grunde liegen. Sie legen die Erledi¬ 
gung des Streitfalls mit mehr Vertrauen wie sonst in die Hände 
des Gerichts und sind darum auch Vermittlungsvorschlägen zu¬ 
gänglicher. Das Verfahren spielt sich in kurzen Fristen ab. 
Mit einem einzigen Urteilsspruch ist in Ihrem Fall der Prozeß 
endgültig entschieden, da die Berufung an das Landgericht nur 
zulässig ist, wenn der Streitwert den Betrag von 100 ^ über¬ 
steigt. — Diese Art von Gerichten besteht allerdings hauptsächlich 
nur in Städten mit über 20000 Einwohnern. In Gemeinden 
unter dieser Einwohnerzahl ist die Einrichtung solcher Gerichte 
in der Regel dem freien Ermessen der Gemeinden überlassen. 
Doch kann auch in solchen Gemeinden von der Aufsichtsbehörde 
auf Errichtung von Gewerbegerichten gedrungen werden. In 
Oberfranken besteht beispielsweise auch in Kulmbach, obwohl 
dieses nur gegen 10000 Einwohner zählt, ein solches Gericht. 
Nach alledem kann ich Ihnen nur sagen: Seien Sie guten Muts 
und lassen Sie Ihre Klagesache noch heute vormittag auf der 
Gerichtsschreiberei des Gewerbegerichts zu Protokoll nehmen! 
Ich bedaure Sie dort nicht vertreten zu können, da Rechts¬ 
anwälte und Personen, die das Verhandeln vor Gericht geschäfts¬ 
mäßig betreiben, bei den Gewerbegerichten nicht zugelassen sind. 
Sie brauchen auch meine Unterstützung von nun ab nicht mehr, 
da das Gewerbegericht im Gegensatz zu den ordentlichen Ge¬ 
richten, bei denen der Prozeßbetrieb mehr oder weniger in den 
Händen der Parteien liegt, alles weitere von Amts wegen zu ver¬ 
anlassen hat.« 
Maier befolgt die wohlgemeinten Ratschläge. In der Gerichts¬ 
schreiberei des Gewerbegerichts erhält er nach Aufnahme der 
Klage den Bescheid, daß am Mittwoch um 9% Uhr die Sache 
zur Verhandlung komme. Als er zu dieser Stunde in den 
Sitzungssaal eintritt, findet er die Verhandlungen bereits im 
Gange. Neben dem ihm schon bekannten Gerichtsschreiber 
sieht er nur einen Richter sitzen. Da ihm dies nach der Be¬ 
lehrung des Rechtsanwalts auffallend erscheint, befragt er hierüber 
den im Saal anwesenden Gerichtsboten, der ihn dahin aufklärt, 
daß in dem ersten Termin nach der Klageerhebung auch der 
Vorsitzende allein mit den Parteien verhandeln könne. Dies 
geschehe in Hof öfter. Maier hört einigen Verhandlungen
	        
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