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klagten und empfiehlt ihm wenigstens teilweise dem Klage¬
anspruch nachzukommen. Allein die Vorstellungen finden eben¬
sowenig ein williges Ohr als vorher. Nachdem hiermit der
Vorschrift des Gesetzes, daß am Schluß der Verhandlung stets
der Sühneversuch zu wiederholen sei, genügt ist, zieht sich das
Gericht zu längerer Beratung zurück und läßt dann durch den
Vorsitzenden das Urteil verkünden, das folgendermaßen lautet:
Der Beklagte Riemer hat an den Kläger Maier 10,50 JC
am 15. Februar und weitere 21 JC am 22. Februar zu
zahlen.
Auf Zureden des Vorsitzenden zahlt indes der Beklagte
dem obsiegenden Kläger sofort den gesamten Betrag von 31,50 JC.
In freudiger Stimmung sucht Maier den Rechtsanwalt X.
wieder auf um seinen Dank abzustatten. Es spinnt sich wieder
eine Unterredung an, in der Maier bemerkt, daß ihm nach¬
träglich eingefallen sei früher schon etwas über Gewerbegerichte
in der Zeitung seiner Heimat im Zusammenhang mit Lohn¬
kämpfen zwischen Arbeitern und Arbeitgebern gelesen zu
haben.
Der Rechtsanwalt gibt ihm hierzu die Erläuterung, daß das
Gewerbegericht allerdings neben der Rechtsprechung, die
die Hauptbeschäftigung bilde, auch noch zu andern Aufgaben
berufen sei. Es trete einmal als Einigungsamt in Wirksamkeit
um eine Versöhnung zwischen streikenden oder ausgesperrten
Arbeitern und deren Arbeitgebern durch Ausgleichung der Streit¬
punkte in den Arbeitsbedingungen (Lohnsätzen, Arbeitsdauer usw.)
anzubahnen und so einer Wiederaufnahme der Arbeit die Wege
zu ebnen. Sodann sei das Gewerbegericht berufen in gewerb¬
lichen Fragen an Behörden und die gesetzgebenden Körper¬
schaften der Bundesstaaten oder des Reichs Gutachten abzugeben
und Anträge zu stellen. Nach Dr. wnh. woeil.
166. Der Meistertitel nach den Heutigen gesetzlichen Bestimmungen.
1. Zur Zeit der unbeschränkten Gewerbesreiheit durfte sich jeder, der
selbständig ein Gewerbe betrieb, den Titel „Meister" beilegen; den Nach¬
weis der Befähigung hierzu brauchte er jedoch nicht zu erbringen. Das
ist jetzt anders geworden. Den Meistertitel in Verbindung mit der Be¬
zeichnung eines Handwerks (z. B. Tischlermeister) dürfen fortan nur
Handwerker führen, wenn sie in ihrem Gewerbe die Befugnis zur An-