Full text: Lesebuch für unterfränkische Fortbildungsschulen

308 
klagten und empfiehlt ihm wenigstens teilweise dem Klage¬ 
anspruch nachzukommen. Allein die Vorstellungen finden eben¬ 
sowenig ein williges Ohr als vorher. Nachdem hiermit der 
Vorschrift des Gesetzes, daß am Schluß der Verhandlung stets 
der Sühneversuch zu wiederholen sei, genügt ist, zieht sich das 
Gericht zu längerer Beratung zurück und läßt dann durch den 
Vorsitzenden das Urteil verkünden, das folgendermaßen lautet: 
Der Beklagte Riemer hat an den Kläger Maier 10,50 JC 
am 15. Februar und weitere 21 JC am 22. Februar zu 
zahlen. 
Auf Zureden des Vorsitzenden zahlt indes der Beklagte 
dem obsiegenden Kläger sofort den gesamten Betrag von 31,50 JC. 
In freudiger Stimmung sucht Maier den Rechtsanwalt X. 
wieder auf um seinen Dank abzustatten. Es spinnt sich wieder 
eine Unterredung an, in der Maier bemerkt, daß ihm nach¬ 
träglich eingefallen sei früher schon etwas über Gewerbegerichte 
in der Zeitung seiner Heimat im Zusammenhang mit Lohn¬ 
kämpfen zwischen Arbeitern und Arbeitgebern gelesen zu 
haben. 
Der Rechtsanwalt gibt ihm hierzu die Erläuterung, daß das 
Gewerbegericht allerdings neben der Rechtsprechung, die 
die Hauptbeschäftigung bilde, auch noch zu andern Aufgaben 
berufen sei. Es trete einmal als Einigungsamt in Wirksamkeit 
um eine Versöhnung zwischen streikenden oder ausgesperrten 
Arbeitern und deren Arbeitgebern durch Ausgleichung der Streit¬ 
punkte in den Arbeitsbedingungen (Lohnsätzen, Arbeitsdauer usw.) 
anzubahnen und so einer Wiederaufnahme der Arbeit die Wege 
zu ebnen. Sodann sei das Gewerbegericht berufen in gewerb¬ 
lichen Fragen an Behörden und die gesetzgebenden Körper¬ 
schaften der Bundesstaaten oder des Reichs Gutachten abzugeben 
und Anträge zu stellen. Nach Dr. wnh. woeil. 
166. Der Meistertitel nach den Heutigen gesetzlichen Bestimmungen. 
1. Zur Zeit der unbeschränkten Gewerbesreiheit durfte sich jeder, der 
selbständig ein Gewerbe betrieb, den Titel „Meister" beilegen; den Nach¬ 
weis der Befähigung hierzu brauchte er jedoch nicht zu erbringen. Das 
ist jetzt anders geworden. Den Meistertitel in Verbindung mit der Be¬ 
zeichnung eines Handwerks (z. B. Tischlermeister) dürfen fortan nur 
Handwerker führen, wenn sie in ihrem Gewerbe die Befugnis zur An-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.