Full text: Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands

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Die erste Garbe begann ihre Predigt: „Bringet bei¬ 
de m Herrn Ehre und Preis! Danket dem Herrn, denn 
er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich. Er läszt 
seine Sonne aufgehen über Böse und Gute, er läszt regnen über 
Gerechte und Ungerechte. Aller Augen warten auf ihn, und 
er giebt ihnen Speise zu seiner Zeit. Jahrtausende sind über 
die Erde gegangen, und jedes Jahr hat Ernten gesammelt und 
Speise bereitet. Immer noch deckt der Herr seinen Tisch, und 
Millionen werden gesättigt. Seine Güte ist alle Morgen neu. 
Bringet her dem Herrn Ehre und Preis! “ 
Da stimmte der Chor der Lerchen ein Danklied an. Und 
eine andere Garbe redete: „An Gottes Segen ist alles 
gelegen! Der Landmann rührt seine thätige Hand, pflüget 
den Acker und streuet Körner in seine Furchen. Aber vom 
Herrn kommt das Gedeihen. Viele kalte Nächte und heisze 
Sommertage liegen zwischen dem Säen und Ernten. Menschen¬ 
hand kann die Regenwolken nicht herbeiführen, noch den 
Hagel abwehren. Der Herr behütet das Körnlein im Schosze 
der Erde, behütet die grünende Saat und die reifende Aehre. 
Fürchtet euch nicht! Er war mit uns. An Gottes Segen ist 
alles gelegen.“ 
Nun nahm die dritte Garbe das Wort: „Die mit Thrä¬ 
nen säen, werden mit Freuden ernten! Mit schwerem 
Herzen ging ein Sohn aus, zu säen. Ach, der Vater war ihm 
gestorben, und daheim weinte die verlassene Mutter; denn die 
harten Gläubiger hatten die Scheuer geräumt. Ein mitleidiger 
Nachbar lieh ihm den Samen; aber Thränen fielen mit den 
Körnern in die Furchen. Nun erntet er zehnfältig, denn der 
Herr hat seine Ernte gesegnet. Die mit Thränen säen, wer¬ 
den mit Freuden ernten ; sie gehen hin und weinen und tra¬ 
gen edlen Samen, kommen wieder mit Freuden und bringen 
ihre Garben.“ 
Darnach fuhr eine vierte fort zu reden: „Wohlzuthun 
und mitzutheilen vergesset nicht, denn solche Opfer 
gefallen Gott wohl. Könnten wir das hineinrufen in die Häuser 
der Reichen, die ihre Scheuern jetzt füllen! Könnten wir es 
dem hartherzigen Manne zurufen, der gestern die armen Aehren- 
leser von seinem Acker trieb! Wen der Herr gesegnet hat, der 
soll auch seine milde Hand aufthun, dasz er gleiche dem red¬ 
lichen Boas, der an der frommen Ruth Barmherzigkeit übte. 
Wohlzuthun und mitzutheilen vergesset nicht!“ 
Und die Wachteln riefen laut hinüber in das Dorf, als 
wollten sie die schlafenden Herzen aufwecken. Und also endete 
die fünfte Garbe: „Was der Mensch säet, das wird er 
ernten! Wer kärglich säet, der wird auch kärglich ernten,
	        
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