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21. Gebet um ein vexncä Herz.
Ein reines Herz, Herr, schaff in mir, 3. Laß deines guten Geistes Licht
schleuß zu der Sünde Thor und Thür,
vertreibe sie und laß nicht zu,
daß sie in meinem Herzen ruh.
2. Dir öffn' ich, Jesu, meine Thür,
ach komm und wohne du bei mir,
treib all' Unreinigkeit hinaus
aus deinem Tempel und Wohnhaus
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und dein hellglänzend Angesicht
erleuchten mein Herz und Gemüth,
o Brunnen unerschöpfter Güt'.
4. Und mache dann mein Herz zugleich
an Himmelsgut und Segen reich,
gieb Weisheit, Stärke, Rath, Verstand
aus deiner milden Gnadenhand.
So will ich deines Namens Ruhm
ausbreiten als dein Eigenthum,
und dieses achten für Gewinn,
wenn ich nur dir ergeben bin.
22. Der Wolf uub bas Lammlein.
(Fabel.)
Ein Wolf und ein Lammlein kamen von ungefähr an einen Bach,
um zu trinken; der Wolf trank oben am Bache, das Lammlein aber
unten. Da der Wolf das Lammlein erblickte, lief er zu ihm und sprach:
„Warum trübst du mir das Wasser, daß ich nicht trinken kann?" Das
Lammlein antwortete: „Wie kann ich dir das Wasser trüben? trinkst
du doch über mir!" — Der Wolf sprach: „Wie, fluchest du mir noch
dazu?" Das Lammlein antwortete: „Ich fluche dir ja nicht!" — Der
Wolf aber sprach weiter: „Ja, vor sechs Wochen hast du auch Böses
von mir geredet!" Das Lammlein antwortete: „Vor sechs Wochen
war ich noch gar nicht geboren !" — Wieder schrie der Wolf: „Du hast
aber meine Wiesen und Felder abgenagt und verderbt!" Das Lammlein
antwortete: „Wie ist das möglich? Ich habe ja noch gar keine Zähne!"
— „Ei," sprach der Wolf, „du weißt ja eine ganze Menge Ausreden•
doch dies alles macht dich nicht straflos, du kannst nicht ungefressen
bleiben!" Also würgte er das unschuldige Lämmlein und fraß es.
23. Räthsel.
Ich weiß ein bunt bemaltes Haus;
ein Thier mit Hörnern schaut heraus,
das nimmt bei jedem Schritt und Tritt
sein Häuslein auf dem Rücken mit;
doch rührt man an die Hörner sein,
zieht's langsam sich in's Haus hinein.