Full text: Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands

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24. Der Fuchs und der Rahe. 
(Fabel.) 
Ein Rabe hatte einen Käse gestohlen und setzte sich auf 
einen Baum, um ihn hierzu verzehren. Dies bemerkte ein Fuchs, 
schlich hinzu und sprach : „0 Rabe, du bist doch ein schöner 
Vogel! Dein Gefieder glänzt wie die Federn des Adlers. Ist 
deine Stimme auch so schön, dann bist du der schönste Vogel 
der Welt.“ Den Raben kitzelte dieses Lob, und er fing an zu 
schreien. Als er aber den Schnabel öffnete, entfiel ihm der Käse. 
Der Fuchs sprang hinzu, schnappte ihn auf, verschlang ihn und 
lachte den thörichten Raben aus. 
25. Knabe und Nest. 
1. „Knabe, ich bitt’ dich, so sehr ich kann: 
o rühre mein kleines Nest nicht an! 
o sieh nicht mit deinen Blicken hin ! 
Es liegen ja meine Kinder drin. 
Die werden erschrecken und ängstlich schrei’n, 
wenn du schaust mit den groszen Augen hinein.“ 
2. Wohl sähe der Knabe das Nest eben gern, 
doch stand er behutsam still von fern. 
Da kam der arme Vogel zur Ruh’, 
flog hin und deckte die Kleinen zu, 
und sah so freundlich den Knaben an : 
„Hab’ Dank, dasz du ihnen kein Leid gethan.“ 
26. Die Nutzschale 
Das kleine Lieschen fand in dem Garten eine Nuß, die noch mit 
der grünen Schale überzogen war. Lieschen sah sie für einen Apfel an 
und wollte sie effen. Kaum hatte sie aber hineingebissen, so ries sie: 
„Pfui, wie bitter!" und warf die Nuß weg. 
Konrad, ihr Bruder, der klüger war, hob die Nuß sogleich auf, 
schälte sie mit den Zähnen ab und sagte: „Ich achte diese bittere Schale 
nicht; weiß ich dock, daß ein süßer Kern darin verborgen steckt, der mir 
dann desto besser schmecken wird." 
Acht' keiner Mühe Bitterkeit, 
die dich mit süßem Lohn erfreut!
	        
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