Full text: Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands

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Feinde Les evangelischen Glaubens bisher über denselben zu verbreiten sich 
so betriebsam bemüht hatten, wurden jetzt auf einmal widerlegt und ganz 
zu nichte. Man erstaunte, da man einen so bündigen, wohlgeordneten und 
richtigen Vortrag der reinen evangelischen Lehre, einen so trefflichen Inbe¬ 
griff des echten christlichen Glaubens vernahm. Durch die zu Augsburg 
anwesenden Gesandten und derselben Berichte, wie auch durch die bald nach¬ 
her erfolgten Uebersetzungen der Confession in mehrere Sprachen konnten nun 
auch bei anderen Nationen richtigere Begriffe über das Wesen des evan¬ 
gelischen Glaubens verbreitet und also auch der Same des Evangeliums in 
weitentlegene Länder ausgeworfen werden. Jedermann mußte erkennen, 
daß die in diesem Bekenntniß enthaltene Lehre dem Inhalte der heiligen 
Schrift, der echten Ueberlieferung der Kirche gemäß, kurz die wahrhaft ka¬ 
tholische sei. „Dieses ist," heißt es daher in dem Bekenntniß, da die Lehre 
abgehandelt war und nur noch die Mißbräuche aufgezählt wurden, „dieses 
ist fast die Summa der Lehre, welche in unsern Kirchen zu rechtem christ¬ 
lichen Unterricht und Trost der Gewissen, auch zu Besserung der Gläubigen 
geprediget und gelehrct ist, wie wir denn unsere eigne Seele und Gewissen 
ja nicht gern wollten vor Gott mit Mißbrauch göttlichen Namens oder 
Worts in die höchste und größte Gefahr setzen oder auf unsere Kinder und 
Nachkommen eine andere Lehre, denn so dem reinen göttlichen Worte und 
christlicher Wahrheit gemäß, fällen und erben. So denn dieselbe in heiliger 
Schrift klar gegründet, dazu auch gemeiner christlicher, ja römischer Kirche, 
soviel aus der Väter Schrift zu vermerken, nicht zuwider noch entgegen ist; 
so achten wir auch, unsere Widersacher können in obenangezcigten Artikeln 
nicht uneinig mit uns sein. Derhalben handeln diejenigen ganz unfreund¬ 
lich, geschwind und wider alle christliche Einigkeit und Liebe, so die Unsern 
deshalben als Ketzer abzusondern, zu verwerfen und zu meiden ihnen selbst 
ohne einen beständigen Grund göttlicher Gebot' oder Schrift vornehmen: 
denn die Irrung und Zank ist vornehmlich über etliche Traditionen und 
Mißbräuche: so denn nun an den Hauptartikeln kein befindlicher Ungrund 
oder Mangel und dies unser Bekenntniß göttlich und christlich ist, sollten 
sich billig die Bischöfe, wenn schon bei uns der Tradition halber ein Man¬ 
gel wäre, gelinder erzeigen, wiewohl wir verhoffen, beständigen Grund und 
Ursachen darzuthun, warum bei uns etliche Traditionen und Mißbräuche 
geändert sind." 
Nach geschehener Vorlesung des Bekenntnisses wollte Dr. Brück beide 
Exemplare derselben dem kaiserlichen Secretcnr übergeben, allein der Kaiser 
streckte selbst die Hand darnach aus, gab die deutsche Confession dem Kur¬ 
fürsten Albrecht von Mainz und behielt die lateinische für sich. Die pro¬ 
testantischen Stände statteten hierauf dem Kaiser, dem König und den 
andern Fürsten für gnädiges und gütiges Gehör ihre Danksagung ab. Ein 
neues Gefühl belebte und dnrchdrang sie von diesem großen Augenblick an. 
Durch das feste Band eines gemeinsamen Glaubens fühlten sie sich jetzt mehr 
denn je zuvor innig verbunden. Welch ein Unterschied zwischen diesem Tage 
und dem zu Worms vor neun Jahren! Vor Kaiser und Reich, ja vor der
	        
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