Full text: Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands

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Gebirgsland überschaut, so erscheinet beides doch wie aus einem Gusse 
entstanden und ein für die Ewigkeit gebautes Denkmal der Grosze und 
Allmacht des Schöpfers zu sein! Gar bald bemerken wir aber an den 
herabgerollten Felsen, an den Schutthalden, welche längs der Seiten des 
Berges herablaufen, dasz auch sie dem Gesetze des Werdens und Ver¬ 
gehens unterworfen sind. Wir kurzlebenden Menschen können freilich 
mit leiblichen Augen nur einen kleinen Kreis dieser immer fortgehen¬ 
den Veränderungen überschauen. Wir haben aber das Vermögen, 
unseren Gesichtskreis dermaszen zu erweitern, dasz an unserem Geiste 
vorüberzieht, was vorJahrtausenden in Natur und Menschenleben vor 
sich gegangen ist. 
Unser geistiges Auge reicht unendlich weit über die sichtbare Welt 
hinaus und umfaszt Vergangenheit und Zukunft, wodurch der Mensch 
seine höhere übersinnliche Natur bekundet. 
Man hat die Schichten, aus welchen unsere Erde besteht, den Blättern 
eines groszen Buches verglichen. Auf jedem Blatte ist die Geschichte 
einer anderen Vorwelt durch ihre eigenen Ueberbleibsel niedergeschrieben, 
und die Blätter liegen genau in derselben Reihenfolge, wie die Zeiten 
nach einander kamen. Aber um diese Blätter zu verstehen, musz man 
die Sprache erlernen, in der sie geschrieben sind, und dazu ist ein groszer 
Aufwand von Gelehrsamkeit erforderlich. 
Der Dr. Scherzer, der eine Reise um die Welt gemacht, erzählt, dasz 
er auf der Insel St. Paul in einer Hütte eine ganze Bibliothek, von einem 
gestrandeten Schilfe stammend, gefunden habe, aber kein Mensch auf der 
Insel konnte in diesen Büchern lesen und hatte eine Ahnung davon, welch’ 
reichen Schatz zur Belehrung und Unterhaltung jene vereinsamte Hütte 
barg. So lagen auch die Erdschichten vor allen Menschen aufgeschlagen, 
aber niemand konnte sie lesen, die deutschen Gelehrten Abraham Gottlob 
Werner und Leopold von Buch und der grosze Franzose George 
Cu vier und nach ihnen hundert andere haben die geheime Schrift er¬ 
gründet und uns Nachricht von den Wundern aller Vorzeiten gegeben, 
welche diese Erdkugel bereits gesehen hat.) 
140. Die Steinkohle. 
Wenn im Herbste die Blätter von den Bäumen fallen und die kleinen 
Pflanzen in Feld und Wald absterben, so verwesen sie, und es bleibt nur 
wenig Staub von ihnen, der den schwarz färbenden Theil der oberflächlichen 
Erde in Garten, Feld, Wiese und Wald ausmacht. Fallen einzelne Blätter 
in's Wasser, so begräbt sie unten der Schlamm, und man findet sie nach 
Jahren, nach Jahrzehnten, nach Jahrhunderten noch wieder im Thon, 
Thonstein, Schiefer oder Sandstein, welchen der Schlamm gebildet hat. 
Die Umrisse, die Rippenzeichnung des Blattes, ja die Hauptmasse ist dann 
erhalten und nur schwarz gefärbt. Die Erhaltung verdanken sie dem Um¬ 
stande, daß der Zutritt der Luft, mit ihrem verzehrenden Sauerstoff, abge¬ 
halten wurde. Was den Blättern geschieht, geschieht auch den ganzen 
Baumstämmen, welche vor der Besiedelung Deutschlands im tiefen Bette 
der Elbe versenkt wurden, wie noch gegenwärtig im Mississippistrom Nord- 
amerika's. Wo nun aber gar Pflanzen im See oder Sumpfe wachsen 
und alle ihre Ueberreste unter Wasser fallen lassen, da bleibt, so zu sagen, 
die Ernte eines jeden Jabres unter Wasser aufbewahrt und häuft sich zu
	        
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