Full text: [Teil 3, [Schülerband]] (Teil 3, [Schülerband])

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AIs ihm sein Kammerdiener antwortete: „Fünfzig Taler,“ befahl 
er, dem armen Manne die gewünschten zwanzig Taler in seinem 
Namen zu geben und damit Glück zu wünschen. Erfreut und 
tiefgerührt, empfing der Handwerker diese Gabe mit dem Wunsche, 
der Königlichen Hoheit seinen Dank selbst aussprechen zu dürfen. 
Diese Bitte aber wies der Prinz mit den Worten zurück: „Ist 
gar nicht nötig, würde den armen Mann nur beschämen.“ 
Rulcmann Friedrich Eylert. 
83. Heiteres Erlebnis des Königs Friedrich Wilhelms HL 
Im Jahre 1802 kam Kaiser Alexander von Rußland nach 
Memel, wohin Friedrich Wilhelm III. mit seiner Gemahlin gereist 
war. Eines Tages gingen nun die beiden Fürsten im schlichten, 
einfachen liberrocke, ohne alle Auszeichnung und ohne alles Gefolge, 
in ernsten Gesprächen vertieft, am Hafen zu Memel auf und ab. 
In dieser Zeit landete gerade ein russisches Kauffahrteischiff. Der 
Schiffskapitän, ein stattlicher, ernster, selbstbewußt auftretender Mann, 
dessen Brust ein russischer Orden schmückte, betrat das Land. Er 
war auf seinen Seereisen mehrere Jahre in Indien abwesend ge¬ 
wesen, hatte sich nie in Petersburg aufgehalten und nie den 
Kaiser gesehen; von dessen Anwesenheit in Memel aber und über¬ 
haupt von dem, was auf dem Festlande sich eben zutrug, wußte 
er gar nichts. Natürlich nahm er von den beiden hohen Herren, 
nicht ahnend, wer sie waren, gar keine Kenntnis und ging, ohne 
sie zu grüßen, sie straff ansehend, an ihnen vorüber. Als da der 
Kaiser Alexander ihn anredete und fragte, bei welcher Gelegen¬ 
heit er den Orden verdient und erhalten habe, befremdete den 
braven Seemann diese Frage der Neugierde, und da er sie, wie 
er glaubte, vorgelegt von einem ftemden, ihm gleichgültigen Un¬ 
bekannten, für unpassend hielt, entgegnete er mit der seinem Stande 
eigenen Kürze und barschen Derbheit: „Herr! was haben Sie für 
ein Recht, mich danach hier auf der Straße zu ftagen? Von schwer 
errungenen Gnadenerweisungen Seiner Majestät meines Kaisers 
Paul spricht man nicht auf der Gasse gegen Unbekannte!" Der 
König von Preußen, besorgend, daß mehr noch des Verletzenden 
vorkommen möchte, unterbrach ihn schnell mit der Äußerung: „Sie 
wissen nicht, mit wem Sie reden; der Herr, dem Sie so un¬ 
bescheiden antworteten, ist Seine Majestät der Kaiser von Ru߬ 
land." Einen Augenblick stutzend, dann von Ehrfurcht ergriffen, 
sank der betroffene Mann auf seine Knie und bat, mit seiner Uu-
	        
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