Und so entwickelt sich die Jagd in der Tat. Weit draußen im
„Veld" wird jetzt einer unserer Jäger sichtbar, der, langsam vor¬
wärts reitend, in gerader Linie aus uns zuhält. Er kann von den
Vögeln noch nicht bemerkt worden sein, die jetzt plötzlich in wilder
Flucht, wie über den Erdboden dahinfliegend, davonstürmen. Jede
Sekunde ist kostbar. Wir werfen uns auf die Pferde und jagen in
vollem Galopp auf die Strauße zu, die sich pfeilschnell nähern,
dann aber, aufgeschreckt durch den Lärm der heranbrausenden Reiter,
eine sekundenlange Zeitspanne stutzen, um in neuer Richtung, einen
gewaltigen Haken schlagend, gerade vor uns her die Flucht fortzusetzen.
Der kurze Augenblick des Stutzens bedeutete für uns den Erfolg
der Jagd. Herunter vom Pferd, das Gewehr an die Backe, und
Schuß um Schuß. 200 m nur trennen uns von dem Wilde, das wie
der Sturmwind vor uns herfegt, 200 m, die sich in Sekunden aus 400,
600, 800 m erweitern, so daß wir das Feuer einstellen müssen.
Mein eingeborener Diener ist der erste auf dem Gaul und ruft
mit Jauchzen: „Herr, eine gute Jagd, zwei Vögelstrauße liegen!"
Langsam reiten wir heran und haben, als wir uns dem bereits
verendeten Wild nähern, alle Mühe, die Pferde zu beruhigen, die vor
den toten Körpern im wallenden Federkleide scheuen. Wir satteln ab
und lassen die Pferde weiden; für uns aber beginnt die mühevolle
Arbeit des Auslösens der prächtigen Federn, die geraume Zeit in An¬
spruch nimmt. Dann überlassen wir uns im Schatten einiger weitver¬
zweigten Dornbüsche der Ruhe, und spät am Abend erst reiten wir in
die Schlucht hinein, wo uns die Kameraden bereits am lodernden
Wachtfeuer erwarten.
Porger-Wolff, Lesebuch für Knaben-Mittelschulen. IV. Schlesien. 24