Full text: [Teil 4 = Kl. 5 u. 4] (Teil 4 = Kl. 5 u. 4)

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langten nach kurzer Wanderung in den nahegelegenen Kur- und Badeort 
Warmbrunn, dessen weiße Häuser aus anmutigem Grün hervorschauen. 
Immer freier und großartiger öffnete sich inzwischen der Blick auf das 
Gebirge, das wie eine finstere Riesenmauer vor uns emporstieg. 
Es war Abend, als wir uns dem Gebirge näherten. Das Regen¬ 
wetter der verflossenen Tage hatte lange, weiße Wolkenschichten zurück¬ 
gelassen, die nun auf halber Höhe des Riesenkammes schwebten und den 
rechten Maßstab für dessen Höhe gaben. Ab und zu trat der Mond 
aus zerteiltem Gewölk hervor; ferne Wasser blitzteil aus der dunklen 
Landschaft auf, bis die bewaldeten Vorberge näherrückten und einladend 
schimmernde Lichter aus den Fenstern niederer Bauernhäuser uns den Ort 
Hermsdorf am Fuße des Kynast verkündeten. 
Während der Nacht hatte sich das Wetter geklärt. Der Morgen zog 
klar über das Gebirge herauf, als wir über tauperlende Wiesen und 
durch harzduftende, stille Tannenwälder dem Kynast zustiegen. Frisch wehte 
die Morgenluft; die Vögel erwachten und stimmten helle Lieder an, und 
die ersten Sonnenstrahlen schweiften über Berg und Tal. Immer weiter 
breitete sich bei jedem Rückblick die Ferne aus. Plötzlich schimmerte 
moosumwuchertes Mauerwerk zwischen den braunen, rissigen Baum¬ 
stämmen hindurch, und eseuumsponnene Burgtrümmer ragten auf kühnen 
Felsklippen empor. 
Ein Gasthaus hat sich im Bereich der alten Ruine eingebettet, und 
ein alter, hoher Wartturm mit verwittertem Gestein steht daneben auf 
dem höchsten Gipfel des Berges, der nach der andern Seite hin in 
jähem, schwindelndem Absturz zum finstern Höllengrund sich senkt. Diese 
Ruine ist der vielbesungene, sagenumwobene Kynast. Vom Turm hinab 
fällt der Blick auf das schmale Felsgesims, von dem herab der Schwindel 
die unglücklichen Ritter in die grausige Tiefe stürzte, wenn sie auf das 
Verlangen der stolzen Gräfin den Ritt um die Burg wagten. 
Furchtbar in der Tat ist dieser Felsabhang; aber nicht minder er¬ 
haben ist der Blick in die Ferne und auf das nahe Gebirge, das hier bei 
klarem Wetter in seiner ganzen Länge überschaut werden kann. Dort 
im Osten ragt die Schneekoppe über den kahlen Kamm, westlich davon 
die Sturmhaube und das hohe Rad, an dessen Abhänge man die beiden 
Schneegruben erblickt; noch weiter gegen Westen liegt der finstere Reif¬ 
träger wie der Deckel eines Riesensarges auf der einsamen Hochfläche des 
düsteren Kammes. 
Vom Kynast aus führen mehrere stille Waldpfade dem Herzen des 
Gebirges zu. Es ist eine feierliche Ruhe, die in diesen Tälern herrscht, 
in denen nur däs Rauschen der klaren Bergbäche, das Wehen des Windes 
in den hohen Laub- und Nadelkronen und die Stimmen der Vögel zu 
vernehmen sind. Unser Führer aber erzählt im Weitergehen unverdrossen 
seine Geschichten von den Tücken des Berggeistes Rübezahl, der hier im
	        
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