2. Die Bauern und der Ackerbau in der Urzeit des deutschen Volkes. 123
weil die Zahl der Unfreien, aus welchen unser heutiger Bauern¬
stand erwuchs, vielfach größer war als die der Freien. Bei
den meisten Volksstämmen rechnete man auf jede freie Familie
24 Unfreie. Die Leibeigenen gehörten zum beweglichen Ver¬
mögen wie Geräte und Viehstand. Sie waren rechtsunfähig
und konnten nichts besitzen. Ihr Erwerb war für den Herrn,
der sie vor Gericht vertrat. Der Nachwuchs blieb im Rechts¬
verhältnisse der Eltern. Ein alter Rechtsspruch lautet: „Der
Schalk ist mein, und so kann ich ihn sieden und braten. Wer
ihn beschädigt oder verstümmelt, der verkürzt sein Eigentum."
Wie die Nigger in Amerika wurden die Schalke verschenkt, ver¬
kauft und nach Willkür behandelt. Dafür liegen noch viele
Belege vor. Der Geschichtsschreiber Diodor z. B. erzählt, daß
ein Freier aus dem deutschen Volksstamm der Heruler, der sich
dem römischen Heere angeschlossen, seinen Sklaven im Zorn ge¬
tötet habe und deshalb vom römischen Feldherrn zum Tode
verurteilt tvordeu sei. Da Hütten sämtliche Heruler das
römische Lager verlassen, weil ihrer Ansicht nach der Totschläger
im Rechte gewesen.
Der Handelsverkehr mit Sklaven und Sklavinnen war über¬
aus lebhaft. Nach siegreichem Kriege wurden Htinderte zu
Markte gebracht. Besouders in den spätern Kriegen mit den
Slaven war dies der Fall, woher den Knechten oder Schälken
der Name Sklaven geworden. In Ermangelung des Geldes
waren Waffen, Vieh oder Getreide der Tauschpreis. Oft gab
der Freie einen Leibeigenen für einen Krug guten Weins. Auch
Freie sanken in Knechtschaft durch Schulden, besonders Spiel¬
schuld. Die Leibeigenen fochten in den Kriegen halbnackt, mit
Tierfellen bekleidet, die Freien in stattlicher Rüstung. Die
Religion hatte dies Verhältnis geheiligt. Die Edda, eine Samm¬
lung uralter heidnischer Lieder und Erzählungen, sagt in einem
ihrer Gesänge, daß ein Freier so stark und kriegstüchtig sei wie
acht Leibeigene.
2. Die Bauern und der Ackerbau in der Urzeit des
deutschen Volkes.
Bei den damaligen Römern galt der Ackerbau als die
edelste Beschäftigung. Feldherren und Staatsmänner führten
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