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von Habenichts auf. Raubend und plündernd durchzogen diese Kreuz¬
fahrer Ungarn, wurden aber größtenteils erschlagen, ehe sie nach
Kleinasien kamen.
Das Hauptheer wurde von dem tapferen Herzog Gottfried von
Bouillon (bujon) geführt. Es zählte mehr als 1/2 Million Streiter
aus Frankreich, Deutschland und Italien und setzte sich im Herbste
des Jahres 1096 in Bewegung. Auf verschiedenen Wegen zogen
die Kreuzfahrer nach Konstantinopel und setzten dann nach Klein¬
asien über. Hier begann die Not des christlichen Heeres. Durch
Hunger und Durst, glühende Sonnenhitze, verheerende Krankheiten
und durch fortwährende Angriffe der Türken verloren die meisten
Kreuzfahrer ihr Leben. Trotzdem. eroberten sie die starke Festung
Antiochia und andere feste Plätze. Im Juni des Jahres 1099 erreichte
das christliche Heer Jerusalem. Namenlose Wonne ergriff die Kreuz¬
fahrer, als die langersehnte Stadt vor ihren Blicken lag. Sie jauchzten
vor Freude und küßten weinend die Erde.
Eroberung Jerusalems. Jerusalem war jedoch stark befestigt und
von einer großen und tapferen türkischen Streitmacht besetzt, während
das große Heer der Kreuzfahrer auf 20000 Mann zusammenge¬
schmolzen war. Aber nach 39tägiger Belagerung wurde die Stadt
erstürmt und nun begann in den Straßen derselben ein erbarmungs¬
loses Würgen. 70000 Türken wurden niedergemacht und die Juden
in ihrer Synagoge verbrannt. Dann zogen die Kreuzfahrer zur
hl. Grabeskirche um Gott für den Sieg zu danken.
Gottfried wurde zum König von Jerusalem erwählt. Allein
wo sein Heiland eine Dornenkrone getragen hatte, wollte er keine
Königskrone tragen und er begnügte sich damit „Beschützer des heiligen
Grabes" zu heißen.
Ausgang und Folgen der Kreuzzüge. Die Christen konnten
Palästina auf die Dauer nicht behaupten. Zur Erhaltung des neuen
christlichen Reiches wurden später noch 6 Kreuzzüge unternommen,
aber die Türken eroberten einen Ort nach dem andern wieder zurück
und nach 200 Jahren war die letzte Besitzung der Christen in Palästina
wieder in den Händen der Mohammedaner.
Der.Zweck der Kreuzzüge wurde also nur vorübergehend erreicht. Trotzdem
waren sie von großer Bedeutung für die europäischen Völker.
Durch die Kreuzzüge kamen die verschiedensten Völker miteinander in
Berührung. Die Kreuzfahrer sahen neue Länder, sie lernten neue Tiere und
Produkte kennen und nahmen solche mit in die Heimat, z. B. Pfirsiche und
Seidenraupen; fremde Sprachen wurden studiert. — Der Handel und das
Gewerbe nahmen durch den Verkehr mit dem Morgenlande einen bedeutenden
Aufschwung. Teppiche, Seidenstoffe, Goldarbeiten, Waffen, Zucker und Gewürze
wurden bei uns eingeführt und viele Städte kamen zu Reichtum und Ansehen,
wie Nürnberg, Augsburg, Genua und Venedig. — Leibeigene, die einen Kreuz¬
zug mitmachten, wurden frei, wodurch sich der ganze Bauernstand hob. —
®er Ritterstand erhielt durch die Kreuzzüge eine besondere Weihe. (Johanniter,
Tempelherren und Deutschherren). Nach ihrer Rückkehr aus Palästina wirkten
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