H 726. Die englische Thronumwälzung. 223 
tz. 726. Das lange Parlament. Bei dem allgemeinen Mißtrauen gegen den 
Hof fielen die Wahlen größtentheils auf Gegner der Regierung und der Episcopalkirche. 
Neben Männern eines besonnenen, gemäßigten Fortschritts auf der Grundlage der alten 
Volksrechte wie John Hampden, standen rastlos vorstrebende Kämpfer für kirchliche 
und politische Freiheit, wie Pym und Hollis; religiöse Eiferer, wie Henry Vane. 
Hasleria und der gelehrte Selden, und finstere Fanatiker wie Oliver Crom, 
well. Der letztere (geb. 25. April 1599), ein Nachkomme jenes ThomasCromwell, der 
unter Heinrich VIH. so thätig für die Begründung der Reformation gewirkt (§. 617), 
war schon seit dem Anfang des parlamentarischen Kampfes als ein entschiedener Vorfechter 
für religiöse und bürgerliche Freiheit ausgetreten und hatte sich durch ein musterhaftes 
häusliches Leben, durch Wohlthun und Freigebigkeit und durch einen streng sittlichen 
Wandel so sehr die allgemeine Achtung in seinem Geburtsort Huntingdon erworben, 
daß er als Vertreter dieser Grafschaft in das Parlament gewählt wurde, wo er bald eme 
hervorragende Stellung einnahm. Einfach und ländlich in Kleidung und Benehmen und 
ohne glänzende Rednergaben, herrschte er über seine Zeitgenossen nur durch die Über¬ 
legenheit seines Geistes, durch die Energie seines Willens und durch seinen entschlossenen, 
thatkräftigen Charakter. Die Gluth seiner Seele wußte er unter äußerer Demuth und 
gottseligen Reden und Handlungen zu verbergen. Die meisten Mitglieder des neuen 
Parlaments waren oder wurden Puritaner, und ihr demokratischer Frechettssmn gmg 
bald von der Kirche auf die Politik über und weckte republikanische Ideen. Sie wollten 
in Staat und Kirche statt der monarchischen Regierung des Bischofs und Königs die 
volksherrliche Gewalt der Synode und des Parlaments. Eine wunderbare Fugung 
hatte gewollt, daß einige der genannten Männer drei Jahre früher durch ein königliches 
Verbot an der Uebersiedelung nach Amerika gehindert worden. 
Anstatt, wie die königliche Thronrede verlangte, sogleich die Mittel zu bewilli¬ 
gen gegen die schottischen „Rebellen", trat vielmehr das Parlament heimlich mit 
diesen in Verbindung und bewirkte unter Zusicherung namhafter Geldsummen 
zum Unterhalt des Heeres, daß sie in ihrer Stellung auf der Grenze ver¬ 
harrten. Dann richtete es seine Angriffe gegen die Willkürmaßregeln in Kirche 
und Staat; Prynn und seine Leidensgefährten wurden nach einer Revision ihres 
Prozesses für unschuldig erklärt und die Richter der Sternkammer zu einer 
Geldstrafe verurtheilt; Strassord, „der große Abtrünnige", den der König 
aus Irland berufen, und der Erzbischof Land wurden in Anklagestand versetzt 
und in den Tower gebracht. Um beide zu retten, zeigte sich der König nach¬ 
giebig; er bildete ein neues Ministerium aus Gliedern der Opposition; er 
gab seine Einwilligung zu dem Gesetz, daß Tonnen- und Pfundgeld fernerhin 
nur mit Bewilligung des Parlaments erhoben werden dürfte, und bestätigte die 
Bill, daß spätestens jedes dritte Jahr ein Parlament statt haben 
sollte. Aber das Unterhaus gab darum seine Rachepläne gegen die Gefange¬ 
nen nicht auf. Strafford wurde vor dem Oberhause des Hochverrats ange¬ 
klagt. Siebenzehn Tage lang vertheidigte er sich mit Würde und Besonnenheit, 
und wies aufs Überzeugendste nach, daß keiner der gegen ihn vorgebrachten 
Klagepunkte als Hochverrath gedeutet werden könne. Seine Gründe machten die 
Peers betroffen; seine Vertheidigungsrede war von so mächtiger Wirkung, daß 
man seine Freisprechung erwartete. Da schritt das Unterhaus zu einem despoti¬ 
schen Mittel; es erklärte durch eine sogenannte bill of attainder, daß Strafford 
des Versuchs, die Freiheiten des Landes zu vernichten, als überwiesen zu be¬ 
trachten sei. Die Mehrheit des Oberhauses trat dieser Bill bei und der König 
hatte die Schwäche, sie zu bestätigen und dadurch seinen treuesten Diener der 
1640. 
1641.
	        
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