Full text: Lebensvoller Unterricht auf der Unterstufe unserer deutschen Lern- und Arbeitsschule

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noch nicht überall; aber im trauten Stübchen, wenn der Aufenthalt draußen sich 
durch Wind und Wetter verbietet, dann wäre das für jedes Kind eine ange¬ 
nehme, nützliche Beschäftigung! Man versuche es nur! — — — 
b) Von des Kindes Spiel und Beschäftigung.*) 
Elternabend in Brambach. 
In dem vergangene Woche im Hotel Wilfert abgehaltenen und mit 
der S o n d e r a u s st e l l u n g „Spiel" vom Schulmuseum zu Dresden 
verbundenen Elternabend — die erste derartige Veranstaltung am Orte 
— sprach Herr Oberlehrer Wohlrab zunächst über den Zweck der Elternabende 
im allgemeinen und drückte den Wunsch aus, daß sie auch bei uns sich mehr 
und mehr einbürgern möchten. Sodann ging er ein auf die Besprechung 
des Spiels, besonders in seiner Bedeutung für die Erziehung. 
Niemand soll denken, daß das Spiel des Kindes und seine spielende Be- 
schästigung eine bedeutungslose Sache ist, eine Tändelei, ein Zeitvertreib. Im 
Spiele erblickt das Kind, wenn auch unbewußt, seinen Lebensinhalt. Spiel¬ 
eifrige Kinder sind darum nicht die schlechtesten. Man beobachte sie nur, wie 
Hand und Fuß und Auge, Formen- und Farbensinn und Phantasie dabei 
tätig sind. Darauf hat besonders F r ö b e l hingewiesen, durch ihn ist das 
Spiel zu einer Würdigung seitens der Schule gelangt. In den Turnstunden 
wird auch dem Iugendspiel sein Platz gegönnt. Auch in der Zeichenstunde 
nimmt man darauf Rücksicht. Der Handfertigkeitsunterricht kommt dem Be- 
schäftigungs- und Spieldrange der Kinder entgegen, ja, man ist gegenwärtig 
daran, unsere ganze Lern schule in eine Arbeitsschule umzugestalten. Was 
das heißt? Das heißt: Daß das Kind in der Schule nicht bloß hören und 
sehen und zeitweilig auch einmal reden müsse, sondern daß alle seine Kräfte 
und Gaben, alle seine Sinne, sein ganzer Körper und Geist in Anspruch ge¬ 
nommen werden; daß es nicht mehr stundenlang nur zu hören brauche auf 
den Vortrag des Lehrers, sondern daß es auch tätig sein dürfe im Stäbchen-, 
Erbsen- und Fadenlegen, im Falten von weißem oder buntem Papier, im Aus¬ 
schneiden, Aufkleben oder Aufstellen nachgemachter oder selbsterdachter Figuren, 
im flächenhaften Zeichnen und körperhaften Darstellen mittels Ton, Gips 
oder Plastilina von Gegenständen aus der Geschichte, Geographie oder Natur¬ 
lehre, im Modellierbogen-Aufsetzen und Laubsägen usw. Welch eine Fülle von 
Betätigungsgelegenheiten! Und dies muß auch maßgebend sein bei der Aus¬ 
wahl des Spiels, das wir unserem Kinde geben. Ein Paket Buntstifte, 
ein Farbenkasten, leere Schwedenschachteln, buntes Papier, Zwirnrollen, Läpp¬ 
chen, Klammern, Nägelchen, Hammer, Zange, Leimtiegel haben für den Knaben 
ohne Zweifel einen bleibenderen Wert als die kostbare Dampfmaschine, die 
er womöglich nur in der Weihnachtswoche benutzen darf, und die dann auf¬ 
gehoben wird. Weil er mit jenen Sachen selbst schaffen, selbst erfinden, 
*) Vogtländischer Anzeiger und Tageblatt; 1909, vor Weihnachten.
	        
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