Königstein und Lilienstein, 289
sie längere Zeit erschwerte. Dem Steinbruchbesitzer erwachsen durch solche Un-
fälle natürlich schwere Verluste.
Am schlimmsten ist es, wenn die Wand vorzeitig fällt, bevor die Steinbrecher
sich flüchten können; denn dann sind sie meist dem Tode geweiht. Eine wunderbare
Rettung in solcher Lage fanden 24 Steinbrecher, die am 25. Jan. 1862 in einem
Brnche bei Schandau verschüttet wurden. Sie kamen unter eine hohle Stelle der
Wand zu liegen und wurden nach 56stündiger Todesangst noch lebend ans Tages-
licht gezogen. — Geht alles gut ab, so gibt der Bruchherr ein „Waudsest".
Wenn aber auch dem Steinbrecher kein Unfall das Leben kürzt, so wird
er doch nicht alt. Wie den Bergmann die „Berg-", den Hüttenmann die „Hütten-
katze" dahinrafft, so macht die „Steinbrecherkrankheit" dem Leben des Stein-
brechers vorzeitig ein Ende. Der feine Sandstaub, den er fortwährend einatmen
muß, ruiniert die Lunge, und Hitze, Feuchtigkeit und Kälte in Verbindung mit
ungenügender Ernährung bringen den Körper herab. Daher sterben die meisten
Steinbrecher schon vor dem 40. Jahre, und 50 Jahre gelten als ein hohes Alter.
Wenn Gefahr im Anznge ist, so gibt derjenige, welcher sie zuerst bemerkt,
durch Klirren mit eisernen Werkzeugen das Zeichen zur Flucht; daher ist auch
das Anrühren derselben durch Fremde verpönt. In den Liebethaler Brüchen
war früher der Ruf: „Lauf zu!" üblich, und daher durste bei Strafe niemand
außer den Steinbrechern so rufen. Als es einst August der Starke zum Scherz
that, ließen sich die Steinbrecher ihr Recht nicht nehmen. August zahlte gern
fürstliche Strafe und lud die Arbeiter zu Freibier nach Pillnitz ein.
Die Arbeiter im Steinbruche zerfallen in Hohlmacher, in solche, welche die
Ware ausschlagen und fertig machen, und in andre, die den Schutt wegräumen.
Im Jahre 1881 gab es 541 Brüche, von denen 301 in Betrieb waren, und diese
beschäftigten zusammen 2447 Arbeiter. Zu dieser Zahl kamen in den Brüchen
an der Elbe noch 300 Steinmetzen und Spitzmaurer und 191 Bruchmeister.
königsteill und Llliettstein. Unter den „Steinen" der Sächsischen Schweiz
ragt das Brüderpaar des König- und Liliensteins ganz besonders hervor. Sic
sind zwar nicht sehr hoch, denn der Königstein erreicht nur 360, der Lilienstein
418 m, während der Pfaffen-, Gohrisch- und Papststein und vollends die beiden
Zschirnsteine 428—561 m hoch sind; aber letztere liegen, von wo aus man sie
auch erblicken mag, nahe bei einander, verdecken sich gegenseitig mehr oder weniger
uud sind dadurch in ihren Formen weniger scharf zu unterscheiden. Dagegen
erheben sich König- und Lilienstein deutlich aus ihrer Umgebung; die weiß-
schimmernden Wände, die in die Breite gezogenen Massen und das mit Gebäuden
besetzte Plateau lassen den ersteren, die kühne, hochaufstrebende Form und das
scharfe Profil den letzteren auf den ersten Blick von andern Höhen unterscheiden.
Beide Brüder haben ursprünglich auch die gleiche Bestimmung gehabt, denn
beide waren befestigt; doch dem Lilienstein ist diese Eigenschaft verloren ge-
gangen, während sie dem Königstein bis auf den heutigen Tag geblieben ist.
Der Königstein war ursprünglich ein Teil der Markgrafschaft Meißen,
kam aber dann an Böhmen; erst nachdem Wilhelm der Einäugige 1401 die
Burg dem Burggrafen von Dohna entrissen hatte, blieb sie im Besitz der Wettiner.
Die hervorragende Gestalt des Felsens veranlaßte, daß man ihn meist nur „den
stein", dann aber auch des Königs, nämlich des böhmischen Königs Stein
Deutsches Land und Volk. VII. 19