Full text: [Teil 2 = Kl. 7] (Teil 2 = Kl. 7)

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zog. Das Wiesel ist ein flinker Räuber und der Fuchs ein schlauer 
Gesell; dazu kommen noch Falken und Eulen und aus dem Dorfe 
die Katzen. Die Rebhuhnmutter hat den ganzen Tag über zu 
spähen, ob ihren Kleinen irgendeine Gefahr drohe. 
Kinder kommen ans Ährenfeld; sie wollen Kornblumen suchen 
zum Kranze. Ehe das alte Rebhuhn es gemerkt hat, sind sie ihm 
ganz nahe gekommen. Sie jubeln plötzlich laut auf, wie sie die 
kleinen, niedlichen Vögelchen sehen, strecken die Hände aus und 
wollen die Küchlein fangen, ln der Angst fährt die Rebhuhnmutter 
mit ausgebreiteten Flügeln den Kindern entgegen, als wolle sie 
schlagen und hacken; dann läuft sie langsam und hinkend auf dem 
breiten Wege weiter. Sie legt sich ganz auf die Seite und schleppt 
einen Flügel nach, gerade als sei sie schwer verwundet oder krank 
und könne nicht fort. Die Kinder vergessen die kleinen Rebhühner 
und achten nur auf das große; denn das ist, wie sie meinen, am 
leichtesten zu erhaschen. Weiter hat auch das schlaue Tier nichts 
gewünscht. Wie die Kinder ihm nahen, wackelt es langsam fort, 
immer weiter von den Jungen hinweg. Dann läuft’s etwas schneller 
und schaut dabei aufmerksam nach seinen Kleinen um. Diese sind 
wie eine Wolke nach allen Seiten auseinandergestoben. Eins hat 
sich zwischen zwei Erdstücken verkrochen, das zweite hinter einem 
Stein versteckt. Ein drittes kauert unter dem Grasbusch, das vierte 
unter dem Distelblatt — jetzt sind sie alle geborgen! — Die Kinder 
wollen eben das alte Rebhuhn erfassen — da springt’s auf und 
davon, schnell wie der Wind. Die Kinder stehen verblüfft mit 
offenen Händen und Augen. Der kleine Feldvogel hat die großen 
Menschen überlistet. Er ist durch die Halme geschlüpft, weit hinten 
im Felde ertönt sein leiser Lockruf. Die Kinder überhören ihn; 
um so besser verstehen aber die jungen Rebhühner die Sprache 
ihrer Mutter. Sie eilen dem Klange nach, und wenige Minuten 
darauf sind wieder alle beisammen. 
57. iHarum der F)alm nur eine Kurze Hbre bat. 
Von Oskar Däbnbardt. 
Naturgeschichtliche Volksmärchen. 2., verb. Auflage. Leipzig 1904. 8. 18. 
orzeiten, als Gott noch selbst ans Erden wandelte, da war die 
Fruchtbarkeit des Bodens viel größer, als sie jetzt ist. Damals trugen 
die Ähren nicht fünfzig- oder sechzigfültig, sondern vier- bis fünfhundert- 
sältig. Da wuchsen die Körner am Halm von unten bis oben hinaus:
	        
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