86
.2. Vom Bache noch einmal trinkt Nachtigall schnell.
Ade, liebe Fluren! so singet sie hell;
ihr habt mich erquicket mit Speise und Trank,
ich hab's euch gedanket mit schmetternden: Sang.
Nun seid ihr ermüdet, wollt schlafen auch gehn, —
o, möget im Lenze ihr wonnig erstehn!
Wir Vvglein, wir können so lange nicht warten,
Gott schirme indessen den schlummernden Garten!
Ade! Ade!
3. Zun: Fenster noch einmal blickt Schwälbchen hinein:
Ade, liebe Kinder, geschieden muß sein!
Ich hatte mein Nest an den: Fenster gebaut,
ihr habet mit Freuden die Kleinen geschaut
und gern auf mein Zwitschern des Morgens gehört
und habet mir niemals den Frieden gestört;
drum möge auch euch in Freud' und Gefahren
der Himmel die liebenden Eltern bewahren!
Ade! Ade!
99. Vas Rorn. Von Maina heyck-Ienfen.
Was ich meinem Hans erzählte. Stuttgart o. J. 8. 89.
3m Herbst, wenn die Blätter an den Bäumen gelb werden, geht der
Sämann mit langsamen Schritten über sein Feld und wirft aus einem
Sack die Saatkörner in die dunklen Erdrinnen hinab. Dann ziehen die
Stare und die Schwalben davon in die fernen Länder und rufen ihm von
oben aus dem blauen Himmel noch einen letzten Gruß zu. Die Samen¬
körner aber liegen nun unten in der Erde, unbeweglich, lange Wochen,
während oben der Wind über die Felder streicht und die gelben und
braunen Blätter in wildem Tanz darüber hinwirbeln. Zuletzt fällt dichter
Schnee herab und deckt alles mit einer dicken, weißen Decke zu. Nun
rührt sich nichts mehr auf den weiten Feldern, nur schwarze Krähen
ziehen von Zeit zu Zeit darüber hin.
Da, wieder nach vielen Wochen, fängt einmal ein leiser Wind an zu
singen. Die Bäume regen langsam ihre Zweige, als erwachten sie aus
einem tiefen Schlaf, und der Schnee auf ihnen fängt an zu tropfen, in
tausend glitzernde Perlchen zerfließend. Da macht der Schneemann in:
Garten ein gar trübseliges Gesicht. Unter seinen beiden Knopfangen
fließen dicke Tränen hervor, und die Holzzigarre füllt ihn: aus dem Munde.