Metadata: Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen sowie für landwirtschaftliche Winter- und Ackerbauschulen

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IL. Vom Ackerbau. 
macht man gar Anzeige bei der hohen Dorfobrigkeit. Wenn aber die 
kräftige Dungbrühe, der Extrakt des ganzen Misthaufens, unausgesetzt 
markstückweis zum Hofe hinausfließt, da sucht man nicht, man bietet 
nicht die Leute auf, macht auch keine Anzeige. — 
2. Aber du kannst ja selbst berechnen! Die Jauche von einer Kuh 
an einem einzigen Tage ist gut und gern 10 Pfennige wert. Nun 
rechne einmal! Ihr habt zwei Kühe im Stall. Und von diesen zwei 
Kühen läuft täglich die Jauche fort. Das macht im Tag 20 Pfennige. 
In einem Monate sind es aber schon 30 )x 20 Pfennige, macht 6 Mark. 
Und da das Jahr 12 Monate hat, so sind es in einem Jahr 1226 
Mark oder 72 Mark. Wirtschaftet ihr nun schon 10 Jahre in der 
Weise auf eurem Gute, so wären das ohne Zins und Zinseszins 
72 10 — 720 Mark, die ihr verloren habt. Denk, was für ein 
Sümmchen! Und wenn wir nun auch nicht so streng rechnen, wenn 
wir nur die Hälfte rechnen und annehmen, die Hälfte der Jauche sei 
im Dung geblieben, und nur die andere Hälfte in den Tümpel ge— 
ronnen, so macht es immer noch 360 Mark aus, die ihr verloren 
habt, und davon läßt sich nichts herunterrechnen. Wenn nun 10 eurer 
Nachbarn gerade so gewirtschaftet haben wie ihr, so sind damit euern 
Feldern 10 )x 360 Mark verloren gegangen. Das sind 3600 Mark. 
Gelt, da machst du die Augen auf! Wäre auf einem Düngerhaufen 
ein Fünfmarkschein verloren gegangen, fürwahr, das ganze Hofgesinde 
würde aufgeboten, um ihn zu suchen. Aber um den 10, ja 20 bis 
30 mal wertvolleren Düngerhaufen kümmert sich niemand. Von Tag 
zu Tag verliert er an Wert; denn er verliert seinen kostbarsten Be— 
standteil, den Stickstoff. In die Luft steigt er empor im duftigen 
Ammoniak, sobald nur irgendwie ein bißchen im Miste gelockert wird, 
sobald die Sonne darauf brennt, Schweine darin wühlen, Hühner dar— 
auf scharren u. s. w. Im Zentner Mist sind durchschnittlich 1)3 bis 
1/2 Pfund Stickstoff enthalten. Und wenn nun einer auf seiner Mist— 
stätte 100 Zentner liegen hat, so sind 33—50 Pfund darin. Wenn 
davon die Hälfte verloren ginge, so wären das 16—25 Pfund. Be— 
rechnet man das Pfund mit 50 Pfennigen, so wäre das schon ein er— 
klecklicher Verlust, ja, an einer einzigen Fuhre (von 20 Zentnern) be— 
trüge er bereits 1,60 —2,50 Mark. Dabei haben wir noch gar nicht 
berücksichtigt, daß außer Stickstoff auch noch andere wichtige Stoffe 
verloren gehen. Und nun rechne man einmal, was durch die Jahre 
hin in einer einzigen Wirtschaft verloddert wird! Wieviel aber erst im 
ganzen Dorfe! — Auf den Morgen gehören, schlecht gerechnet, 100 
Zentner Mist. Wie hoch würde sich der Geldverlust belaufen, den 
10 Nachbarn in 10 Jahren erlitten, wenn sie ausreichend Mist für 
20 Morgen hätten und ihn so behandelten, daß er die Hälfte seines 
Stickstoffes verlöre? Es ist der Mühe wert, das zu berechnen, damit 
jeder sieht, welche Unsummen Geldes durch liederliche Wirtschaft zu 
Grunde gehen. 
3. Die beste Düngerstätte ist keine Düngerstätte, 
hat einmal ein tüchtiger Landwirt gesagt. So spaßig das klingen mag,
	        
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