erlangten sie das beste Lebensende, und es zeigte Gott dadurch an, daß 
dem Menschen besser sei zu sterben als zu leben. Denn die Argeier, 
die umherstanden, Priesen die Gesinnung der Jünglinge, und die Ar- 
geierinnen priesen die Mutter selig, daß ihr solche Kinder zu teil geworden. 
Aber die Mutter, voll inniger Freude über die That und die Worte, trat 
vor das Bild der Göttin und betete, daß sie dem Kleobis und Biton, 
ihren Kindern, die ihr so große Ehre erwiesen, den besten menschlichen 
Segen zu teil werden ließe. Und nach diesem Gebet, nachdem man ge¬ 
opfert und das Mahl gefeiert, schliefen die Jünglinge ein in dem Tempel 
und standen nimmer wieder auf, sondern das war ihres Lebens Ende. 
Die Argeier aber errichteten ihnen Bildsäulen und brachten dieselben als 
Weihgeschenk nach Delphi, weil sie so gute Menschen gewesen." 
Diesen also gab Solon die zweite Stelle in der Glückseligkeit. Krösos 
aber ward unwillig und sprach: „Mein Freund von Athen, ist denn mein 
Glück dir so gar nichts, daß du nicht einmal mit geringen Bürgern mich 
gleichsetzest?" 
Salon aber sprach: „O Krvsos, mich, der da weiß, wie voller Neid 
und Wandel die Gottheit ist, mich fragest du um der Menschen Schicksal? 
In der langen Zeit unseres Lebens muß man vieles erdulden, was man 
gern nicht erlebte. Denn ich setze des Menschen Alter auf siebzig Jahre. 
Diese siebzig Jahre machen über fünfundzwanzigtausend Tage. Von allen 
diesen Tagen geht es uns an keinem einzigen gerade so wie an dem 
andern. Du bist, wie ich sehe, gewaltig reich und Herr über viele Völker; 
das aber, darum bu mich fragst, kann ich von dir nicht sagen, bevor ich 
nicht gesehen, daß du dein Leben glücklich vollendet. Viele, die da gewaltig 
reich sind, leben nicht glücklich; aber manchem, der nur seine Notdurft 
besitzt, gehet es wohl. Er ist gesund an seinen Gliedern, weiß von Krank¬ 
heit und Leiden nichts, hat Freude an seinen Kindern und ist wohlgebildet. 
Kommt hierzu nun, daß er sein Leben gut beschließt, so kann er glückselig 
genannt werden in dem Sinne, wie du meinst. Bei jeglichem Dinge muß 
man auf das Ende sehen; denn vielen hat Gott das Glück vor Augen 
gehalten und sie dann gänzlich zu Grunde gerichtet." 
Also sprach er zu Krösos, und weil er ihm gar nicht zu Willen 
redete, noch sich an ihn kehrte, ward er entlassen, und Krösos hielt ihn 
für sehr unverständig, weil er die Güter der Gegenwart nicht achtete, 
sondern sagte, man müsse das Ende eines jeden Dinges abwarten. 
Kaum aber war Solon fort, so verhängten die Götter schweres 
Unglück über Krösos, vermutlich, weil er sich selbst für den glücklichsten 
aller Menschen gehalten hatte.
	        
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