Full text: Haus und Vaterland I (Bd. 4)

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Drei berittene Hirten waren dabei, frische Burschen, die wie an¬ 
gegossen auf ihren Gäulen saßen und aufmerksam jedes Tier be¬ 
obachteten, das etwa Miene machte, sich zu weit von der übrigen 
Herde zu entfernen. 
Nichts Schöneres für einen Tierfreund, auch wenn er gar 
kein besonderer Kenner des edlen Pferdes ist, als solch eine 
Trakehnerherde im Freien! Keine Hecke, kein Zaun hemmt die 
Tiere in ihrer Bewegung. Ungezwungen tummeln sie sich umher, 
die einen eifrig weidend, die andern in lustigen Sprüngen mit¬ 
einander spielend und tollend, wie um ihre feinen Gelenke zu 
erproben. Froher Jugendübermut spricht aus allen Bewegungen 
der schönen, ebenmäßigen Glieder. Die kräftigen Rücken, die 
noch nie einen Sattel getragen, dehnen sich vor Lust; die fein¬ 
geschwungenen Hälse strecken sich vor Behagen, und die klugen 
Köpfe mit den glänzenden Augen schauen gar merkwürdig Ver¬ 
ständig um sich. Dann ist ein Weilchen die ganze Herde ruhig, 
bis plötzlich eine Gruppe stutzt, 50, 60 Schritte in lustigen Sprüngen 
fortgaloppiert und Bewegung in die Masse bringt, die ihr, wie 
freudig erregt über den Einfall, nachstürmt. Jeden Augenblick 
ein anderes Bild, und jeden Augenblick ein schöneres! 
Die Gehöfte von Trakehnen sind freundlich und sauber; man 
sieht ihnen an, daß sie zu einer Musterwirtschaft gehören. Rechts 
umfangreiche Parkanlagen, aus denen das „Schloß“, das stattliche 
Wohnhaus des Landstallmeisters, hervorlugt, links das treffliche 
Gasthaus mit dem großen, goldenen Elchgeweih über der Tür. 
Die siebenzackige Elchschaufel, auf dem rechten Hinterschenkel 
ausgebrannt, ist das Merkmal jedes im größten preußischen Gestüt 
gezogenen Pferdes. 
Zur Mittagszeit sah ich, wie eine Herde Mutterstuten des 
sogenannten leichten Reitschlages samt ihren Füllen bei leichtem 
Regenwetter eingetrieben wurde. Ein entzückender Anblick, die 
stattlichen Stuten, mit den zierlichen Kleinen vermischt, sich ihre 
Ställe suchen zu sehen, wie sie bald den rechten Stall sogleich 
finden, bald sich, gleichsah! schäkernd, erst durch die Hirten zu¬ 
rechtweisen lassen. Mir fiel hier so recht das ausgezeichnete 
Verhältnis zwischen den Wärtern und den ihrer Pflege anvertrauten 
Tieren auf, das gegenseitige Sichkennen, die Sorgfalt, die der Hirt 
jedem einzelnen Pferde entgegenbringt. Freilich, die Wärter sind 
von Kindesbeinen auf mit den Tieren verwachsen, und wenn der 
Ostpreuße überhaupt ein geborner Pferdepfleger ist, so sind es
	        
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