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ich habe Glauben an Gott.“ Kaum hatte ich das Wort ausgeredet, 
so liess sich ein Student bei mir melden, welcher dreifsig Thaler von 
jemandem, den er nicht nennen wollte, brachte. Da ging ich wieder 
in die Stube und fragte den andern, wieviel er diesmal zur Bezah¬ 
lung der Bauleute bedürfte. Er antwortete: ,,Dreifsig Thaler.“ Ich 
sagte: „Hier sind sie,“ fragte dabei, ob er mehr brauchte? Er sagte: 
„Nein,“ welches denn uns beide sehr stärkte, indem wir so gar augen¬ 
scheinlich die Hand Gottes erkannten, die es in dem Augenblick gab, 
da es vonnöten war. So ging der Bau ungestört fort, obwohl kein 
sichtbares Baukapital da war; aber Gott hat von Zeit zu Zeit so viel 
Segen zufliefsen lassen, dass die Bauleute und Tagelöhner um der 
richtigen Zahlung willen gern und mit Lust gearbeitet, wie denn auch 
der Bau täglich mit Gebet angefangen, auch bei der Zahlung des 
Sonnabends Gott für den verliehenen Beistand in der Woche gedanket 
worden. Im Herbst 1698 war das Haus schon unter das Dach ge¬ 
bracht; zu Ostern des Jahres 1700 konnte es bereits von den Waisen¬ 
kindern bezogen werden. 
Wie bei der Erbauung, so ging es auch bei der Erhaltung des¬ 
selben. „Von Woche zu Woche, von Monat zu Monat,“ sagt Francke, 
„hat mir der Herr zugebröckelt, wie man den kleinen Küchlein das 
Brot zubröckelt, was die Notdurft erfordert.“ Von vielen Beispielen, 
die er erzählt, stehe hier nur eins. „Zu einer Zeit wurde auch des 
Morgens früh zur Zahlung desselben Tages Geld von mir gefordert. 
Ich hatte aber nur sechs Thaler, welche ich abgab. Der Hausver¬ 
walter nahm es in die Hand, zählte es und sagte: „Wenn es sechs¬ 
mal so viel wäre, so reichte es; wer nun möchte multiplizieren können: 
6 mal 6 ist 36!“ Ich tröstete ihn mit der vielfältigen Erfahrung der 
Hilfe Gottes, welcher es auch noch selbigen Tages just zu 36 multi¬ 
plizierte zu seiner und meiner nicht geringen Stärkung des Glaubens. 
Gott that aber noch ein mehreres und bescherte auch über dieses 
an demselbigen Tage fünfundzwanzig Dukaten, damit auch dem fol¬ 
genden Tag, der gleichfalls ein Zahlungstag war, ein Genüge geschehen 
könnte.“ 
Immerhin ging es nicht selten auch durch grosses Gedränge. „Es 
ist oft und vielmal geschehen,“ erzählt er, „dass ich keinen Heller 
mehr übrig gehabt, obwohl auf den nächsten Tag das Marktgeld für 
2—300 Personen da sein musste.“ Manchmal mussten die Pfennige 
zu Hilfe genommen werden, welche man für Arme zurückgelegt hatte. 
Einmal musste der Hausverwalter mit Schmerzen suchen, wie er nur ein
	        
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