Full text: [Teil 4 = Kl. 5 u. 4] (Teil 4 = Kl. 5 u. 4)

39d — C C C C 
Barschaft daheim gelassen, nur etwas Wäsche bei mir und hatte eigent— 
lich einen Kitzel, diese Räuber zu Pferde, in großen Pelzen, mit Doppel⸗ 
flinten in der Hand und Pistolen im Gurt, deren Anführer schwarze 
Masken tragen und zuweilen dem kleinen Landadel angehören sollen, 
näher kennen zu lernen. Vor einigen Tagen waren mehrere Gendarmen 
im Gefecht mit ihnen geblieben, dafür aber zwei Räuber gefangen und 
in Kecskemet standrechtlich erschossen worden. Dergleichen erlebt man 
in unsern langweiligen Gegenden gar nicht. 
Um die Zeit, wo Du heut morgen aufwachtest, hast Du schwerlich 
gedacht, daß ich in dem Augenblick mit Hildebrand in gestrecktem Galopp 
über die Steppe flog, einen liebenswürdigen, sonnenverbrannten Ulanen— 
offizier neben mir, jeder die geladenen Pistolen im Heu vor sich liegend, 
und ein Kommando Ulanen, die gespannten Karabiner in der Faust, 
hinterherjagend. Drei schnelle Pferdchen zogen uns, die unweigerlich 
Rosa und Csillag (Stern) und das nebenlaufende Betyar (Vagabund) 
heißen, von dem Kutscher ununterbrochen bei Namen und in bittendem 
Ton angeredet werden, bis er den Peitschenstil quer über den Kopf hält 
und megai, megai (halt an) ruft, dann verwandelt sich der Galopp in 
sausende Karriere. Ein sehr wohltuendes Gefühl! 
Die Räuber ließen sich nicht sehen; wie mir mein netter, brauner 
Leutnant sagte, würden sie schon vor Tagesanbruch gewußt haben, daß 
ich unter Bedeckung reiste, gewiß aber seien welche von ihnen unter den 
würdig aussehenden, stattlichen Bauern, die uns auf den Stationen aus 
den gestickten, bis zur Erde gehenden Schafpelzmänteln ohne Armel ernst— 
haft betrachteten und mit einem ehrenfesten isten adiamek (gelobt sei 
Gott) begrüßten. Die Sonnenhitze war glühend den ganzen Tag, ich bin 
im Gesicht wie ein Krebs so rot. Ich habe achtzehn Meilen in zwölf 
Stunden gemacht, wobei noch zwei bis drei Stunden, wenn nicht mehr, 
auf Anspannen und Warten zu rechnen sind, da die zwölf Pferde, die 
ich für uns und die Bedeckung brauchte, erst gefangen werden mußten. 
Dabei waren vielleicht ein Drittel des Weges tiefster Mahlsand und 
Dünen wie bei Stolpmünde. 
Um fünf kam ich hier an, wo ein buntes Gewühl von Ungarn, 
Slowaken, Walachen die Straßen belebte (Szolnok ist ein Dorf von 
etwa 6000 Einwohnern, aber Eisenbahn- und Dampfschiffstation an 
der Theiß) und mir die wildesten und verrücktesten Zigeunermelodien 
ins Zimmer schallen. Dazwischen singen sie durch die Nase mit weit 
aufgerissenem Munde in kranker, klagender Molldissonanz Geschichten von 
schwarzen Augen und von dem tapfern Tod eines Räubers, in Tönen, 
die an den Wind erinnern, wenn er im Schornstein lettische Lieder heult. 
Die Weiber sind im ganzen gut gewachsen, einige ausgezeichnet 
schön; alle haben pechschwarzes Haar, nach hinten in Zöpfe geflochten, 
mit roten Bändern darin. Die Frauen entweder lebhaft grünrote Tücher
	        
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