Full text: [Teil 4 = Kl. 5 u. 4] (Teil 4 = Kl. 5 u. 4)

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Latten vor dem Davonfliegen bei VWind und Wetter geschützt wer— 
den. Das Dach steht ringsum weit vor, so daß es eine Art von 
Schuppen bildet, in dem die Almleute Gerätschaften, Holz, Ge- 
rümpel, Heu usw. vor Regen verwahren. Die Tür steht angelweit 
offen, nur ein niederes Gatter mit einem Schnapper ist lose an— 
gelehnt, damit das Vieh nicht hinein kann. Vor Räubern und 
Dieben fürchtet sich der Almer nicht; denn so hoch oben gibt es 
keine Schãtze zu sstehlen. Nur wenn er sich weiter entfernt, ver- 
sperrt er seine VWohnung mit einem einfachen Holzschlob. 
Die Sennerin schafft mit Kübeln und Behältern, sie bereitet 
das Stallfutter und besorgt das Melßken. Der Almbub ist Hüter 
der Herde, er treibt sie auf VWeiden, abgemãhte Viesen und Heide- 
gelãände und führt sie abends wieder in den Stall. Beide essen 
die gekochte Milch und den Sterz aus einem Topfe am 
Herde, dann zünden sie, wenn es finsster geworden, den Kienspan 
an. Sie bessert die schadhaften Stellen seiner Lodenkleider aus, 
die halten müssen bis zur Heimfahrt: er nimmt dafür ihre auf 
dem rauhen Alpenboden wund gewordenen Schuhe zwischen die 
Knie, zieht nach beiden Seiten den bepechten Draht aus, schmaucht 
eine Pfeife dabei und erzählt VWilderergeschichten oder brummt ein 
Liedchen. Draußen zieht die kalte Abendluft von den bleichen 
Gletschern herüber durch die Mondnacht, oder es liegt Nebel über 
den nächtlichen Firnen, oder es hebt sich in den Schluchten und 
Rissen der Hochschroffen ein brausender Gewittersturm und läßt 
seine Blitze lohen und schmettern über der einsamen Hütte — sie 
schieben den Holzriegel vor die Tür und beten auch wohl ein 
Vaterunser, das ist ja genug. Dann sagt sie zu ihm: „Buberl, 
steig hinauf in dein Heu!“‘ Und er lehnt eine Holzleiter an die 
WVand und klettert durch eine Offnung hinauf zum Dachboden, 
zieht seine Schuhe und seine Jacke aus und legt sich ins duftende 
Heu. Sie legt sich in ihr Bett. Und drauben im Stalle schellt 
oder brüllt eines oder das andere in der Herde. 
Die Sennerin ist meist eine starke Vierzigerin, die es ihr Leb- 
tag verstanden hat, mit den Kühen und mit der Butterbereitung 
umzugehen. Sie ist jeden Sommer oben auf der Alm. Und 
der Almbub? Ei Gott, der weiß oft selbst kaum, ist er in den 
Dreibigern oder Vierzigern? Er weiß nur, daß er schon eine 
bedeutende Weile auf dieser Welt ist. 
Es ist Tatsache, daß das Geschlecht der Rinder im Gebirge 
ein gut Teil Verstand und Klugheit besitzt. Die Kühe haben ihre 
eigenen Namen, bei denen sie gerufen werden, und jede kennt 
den ihren. Gegen Abend ziehen die Sennerinnen aus und rufen 
den kuhreigen: „Vo bist denn, mei Gamslo, mei Hirschlo?
	        
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