Full text: [Teil 3 = Kl. 6, [Schülerbd.]] (Teil 3 = Kl. 6, [Schülerbd.])

kindern zu sitzen, aus denen es uns wie ein Gruß aus dem Paradiese 
anschaut, zwischen diesen stillen Himmelssternen, die uns so rührend süß 
anblicken wie blaue Kinderaugen. 
99. Der Kuckuck. von Paul siemon. 
Siemon und Wunschmann. Naturkunde für Höhere Mädchenschulen. I. Teil. 
1. Band. Breslau 1910. S. 85. 
Wenn wir im April zum erstenmal den Ruf des Kuckucks 
hören, so freuen wir uns über diesen Frühlingsboten; denn 
nun sind wir sicher, daß die wärmeren Tage ihren Anfang nehmen. 
Abergläubische Leute klopfen auch wohl auf die Tasche oder das 
Portemonnaie in der Meinung, daß dann das Geld nie zur Neige 
gehe, oder fragen, wieviel Jahre sie noch zu leben haben, wobei sie 
aus der Zahl der Rufe auf die Zahl der Jahre schließen. Diese Tat¬ 
sache zeigt ebenso wie die Redensarten: „Scher dich zum Kuckuck!“ 
oder „Hol dich der Kuckuck!“, daß der Kuckuck im Volksglauben 
eine große Rolle spielt. Dazu trägt wahrscheinlich nicht nur sein 
melodischer Lockruf, der ihm den Namen gegeben hat, sondern 
auch sein scheues, unstetes Wesen bei. Er ist ein überaus lebhafter, 
unruhiger Vogel von der Größe einer Taube, der einzeln umher¬ 
streift, und den man höchstens fliegend zu sehen bekommt. Den 
Ruf läßt er erschallen, indem er mit hängenden Flügeln und auf¬ 
gerichtetem Schwänze jedesmal dabei nickt; zuweilen schließt sich 
daran eine Art Kichern, entfernt dem Lachen eines Menschen ähnlich. 
Im Haushalt der Natur nimmt dieser merkwürdige Vogel eine eigen¬ 
tümliche Stellung ein; denn er frißt gerade das, was kein anderer 
Vogel anrührt, nämlich stark behaarte Raupen, wie die Bärenraupen, 
und die lebhaft gefärbten, ekelhaft riechenden Blattwanzen und 
Käfer. Die Raupen des Kiefernspinners, des Prozessionsspinners 
und der Nonne, die unseren Wäldern großen Schaden zufügen, 
sind seine Lieblingsspeise; ihm bekommt sie gut, obgleich die mit 
spitzen Widerhaken versehenen giftigen Haare sich in seine Magen¬ 
wand in solcher Menge einbohren, daß sie wie ein Pelz ausge¬ 
füttert erscheint. Zuweilen werden diese Haare als Gewöll wieder 
ausgewürgt. Zur Aufnahme dieser dicken, weichen Raupen eignet 
sich der kleine, schwach gebogene Schnabel und das tief gespaltene 
Maul. Um sein großes Nahrungsbedürfnis zu befriedigen, muß 
der Kuckuck große Gebiete durchstreifen, also gewandt fliegen 
können. Die Flügel sind daher lang, schmal und spitz. Der lange
	        
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