Full text: [Teil 4 = Kl. 5 u. 4, [Schülerbd.]] (Teil 4 = Kl. 5 u. 4, [Schülerbd.])

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Königin Luise — an den kleinen Freuden und Leiden der Jugend 
persönlich so innigen Anteil genommen wie er; nie hat aber deswegen 
auch die Kinderwelt sich einem Fürsten so vertraulich und unbefangen 
genaht wie diesem deutschen Königssohn. * 
Die ganze Fülle seiner Liebenswürdigkeit entwickelte der Kaiser, als 
er noch Kronprinz war, besonders bei den alljährlich im Garten des 
Neuen Palais bei Potsdam stattfindenden Kinderfesten, zu denen außer 
der Dorfjugend von Bornstedt gewöhnlich auch die Kinder des Friedrich⸗ 
Stiftes und der Wadzeckanstalt zu Berlin eingeladen wurden. Die 
Spielplätze für die kronprinzlichen Kinder waren dann für die Teil⸗ 
nehmer an diesem Feste noch besonders hergerichtet. An verschiedenen 
Slellen des Gartens erhoben sich hohe Kletterstangen, deren Gipfel mit 
Fahnen, Taschentüchern, Handschuhen, kleinen Flinten, Portemonnaies, 
Trompeten usw. geschmückt waren. Den verlangenden Blick auf all die 
Herrlichkeiten gerichtet, versuchten nun die Knaben, wie Katzen an den 
Kletterftangen emporzuklimmen, in freundlicher Weise dabei unterstützt 
von den jungen Prinzen, die am Fuße der Stangen damit beschäftigt 
waren, den weniger mit Geschicklichkeit und Kraft Begabten auch zu einem 
Preise zu verhelfen, die Ungestümen vor Unfällen zu bewahren und 
dafür zu sorgen, daß auch der Schüchternste und Bescheidenste zu seinem 
Vergnuͤgen und zu einem Gewinne kam. Und während sich hier die 
Knaben belustigten und ganz unbefangen bewegten, als wären sie zu 
Hause, gingen an einer anderen Stelle die Mädchen ihren Belustigungen 
nach. Topfschlagen, Blindekuh, Reifenwerfen und wie die Mädchenspiele 
alle heißen, ließen den Jubel in dieser fröhlichen Kinderschar nicht eine 
Minute verstummen. Und der menschenfreundliche Spender all dieses 
Glückes bewegte sich unter den spielenden und jauchzenden Kindern auf 
und ab, still und zufrieden lächelnd, wie ein glücklicher Vater, der sich 
der Jugendlust seiner Kinder freut. Für jedes Kind hatte er ein 
gewinnendes Wort, für die schüchternen ein aufmunterndes, für die 
wilden ein beruhigendes, beschwichtigendes, immerfort fragend, ob es 
ihnen auch gefiele, ob sie auch etwas bekommen hätten. Und ging's 
nun erst an Kaffee und Kuchen, dann entwickelte die Frau Kronprinzessin 
ihre ganze Liebenswürdigkeit und hausmütterliche Sorgfalt. Es ist keine 
Kleinigkeit, so viel hungrige und durstige Kindermagen zu befriedigen 
und, was die Hauptsache ist, schnell zu befriedigen. Jeder will zuerst 
bedient sein, jeder will ein recht großes Stück haben. Aber die Kleinen 
brauchten nicht zu fürchten, daß die Vorräte bald aufgezehrt würden. 
Ganz unerschöpflich waren die riesigen Kannen, aus denen ein würziger 
Kaffeegeruch sich durch den ganzen Garten verbreitete, und die Kuchen— 
berge türmten sich zu einer wahrhaft schwindelnden Höhe auf. Dazwischen 
ertoͤnten die Klänge einer kleinen Musikkapelle, die den kleinen Gästen 
die Tafelmusik machte. Wie eine echt deutsche Hausfrau, mit geröteten
	        
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