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Deutsches Dichterbuch.
Möchtet ihr auf dieser Erden
fühlen solche treue Lut,
müßt ihr Schäflein Christi werden,
denen gibt er selbst sein Blut.
Lerr, mein Gott, auf deine Weiden,
an dein Brünnlein leite mich,
so durch Freuden als durch Leiden
führe du mich seliglich!
13. Im Winter.
1814.
Die Tage sind so dunkel,
die Nächte lang und kalt;
doch übet Sterngefunkel
noch über uns Gewalt.
Lind sehen wir es scheinen
aus weiter, weiter Fern',
so denken wir, die Seinen,
der Zukunft unsres Lerrn.
Er war einmal erschienen
in ferner sel'ger Zeit,
da waren, ihm zu dienen,
die Weisen gleich bereit.
Der Lenz ist fortgezogen,
der Sommer ist entflohn:
doch fließen warme Wogen,
doch klingt ein Liebeston.
Es rinnt aus Jesu Lerzen,
es spricht aus Jesu Mund
ein Quell der Lust und Schmerzen,
wie damals, noch zur Stund'.
Wir wollen nach dir blicken,
o Licht, das ewig brennt,
wir wollen uns beschicken
zum seligen Advent!
14. Weihnachtslied.
1814.
Brich an, du schönes Morgenlicht!
Das ist der alte Morgen nicht,
der täglich wiederkehret;
es ist ein Leuchten aus der Fern',
es ist ein Schimmer, ist ein Stern,
von dem ich längst gehöret.
Der Limmel ist jetzt nimmer weit;
es naht die sel'ge Gotteszeit
der Freiheit und der Liebe.
Wohlauf, du frohe Christenheit,
daß jeder sich nach langem Streit
in Friedenswerken übe!
Nun wird ein König aller Welt,
von Ewigkeit zum Leil bestellt,
ein zartes Kind geboren;
der Teufel hat sein altes Recht
am ganzen menschlichen Geschlecht
verspielt schon und verloren.
Ein ewig festes Liebesband
hält jedes Laus und jedes Land
und alle Welt umfangen;
wir alle sind ein heil'ger Stamm,
der Löwe spielet mit dem Lamm,
das Kind am Nest der Schlangen.
Wer ist noch, welcher sorgt und sinnt?
Lier in der Krippe liegt ein Kind
mit lächelnder Gebärde!
Wir grüßen dich, du Sternenheld!
Willkommen, Leiland aller Welt,
willkommen auf der Erde!