Full text: Deutsches Dichterbuch ([Teil 2]. Bd. 4, Hälfte 2, [Schülerbd.])

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Deutsches Dichterbuch. 
Jakobs Stern ist aufgegangen, 
stillt das sehnliche Verlangen, 
bricht den Kopf der alten Schlangen 
und zerstört der Löllen Reich. 
O, du hoch gesegn'te Stunde, 
da wir das von Lerzensgrunde 
glauben und mit unserm Munde 
danken dir, o Jesulein! 
Schönstes Kindlein in dein Stalle, 
sei uns freundlich, bring uns alle 
dahin, da mit süßem Schalle 
dich der Engel Leer erhöht! 
4. Der wundervolle Ehestand. 
Voller Wunder, voller Kunst, 
voller Weisheit, voller Kraft, 
voller Lulde, Gnad' und Gunst, 
voller Labsal, Trost und Saft, 
voller Wunder, sag' ich noch, 
ist der keuschen Liebe Joch. 
Die sich nach dem Angesicht 
niemals hie bevor gekannt, 
auch sonst im geringsten nicht 
mit Gedanken zugewandt, 
derer Lerzen, derer Land 
knüpft Gott in ein Liebesband. 
Dieser Vater zeucht sein Kind, 
jener seins dagegen auf; 
beide treibt ihr sondrer Wind, 
ihre sondre Bahn und Lauf; 
aber wenn die Zeit nun dar, 
wird's ein wohlgeratnes Paar. 
Pier wächst ein geschickter Sohn, 
dort ein' edle Tochter zu; 
eines ist des andern Krön', 
eines ist des andern Ruh', 
eines ist des andern Licht, — 
wifsen's aber beide nicht: 
Bis solang' es dem beliebt, 
der die Welt im Schoße hält, 
und zur rechten Stunde gibt 
jedem, was ihm wohlgefällt; 
da erscheint in Werk und Tat 
der so tief verborgne Rat. 
Jakob fleucht vor Esaus Schwert 
und trifft seine Rahel an; 
Joseph dient auf fremder Erd' 
und wird Asnaths Lerr und Mann; 
Mose spricht bei Jethro ein, 
da wird die Zipora sein. 
Jeder findet, jeder nimmt, 
was der Lochst' ihm ausersehn; 
was im Limmel ist bestimmt, 
pflegt auf Erden zu geschehn, 
und was denn nun so geschicht, 
das ist sehr wohl ausgericht't. 
öfters denkt man, dies und dies 
hätte können besser sein; 
aber wie die Finsternis 
nicht erreicht der Sonnen Schein, 
also geht auch Menschensinn 
hinter Gottes Weisheit hin. 
Laß zusammen, was Gott fügt, 
der weiß, wie's am besten sei; 
unser Denken fehlt und trügt, 
sein Gedank' ist mangelftei; 
Gottes Werk hat festen Fuß, 
wenn sonst alles fallen muß. 
Siehe frommen Kindern zu, 
die im heil'gen Stande stehn: 
wie so wohl Gott ihnen tu', 
wie so schön er lasse gehn 
alle Taten ihrer Land' 
auf ein gutes, sel'ges End'.
	        
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