Full text: Deutsches Dichterbuch ([Teil 2]. Bd. 4, Hälfte 2, [Schülerbd.])

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Deutsches Dichterbuch. 
5. Vor der Ernte 
Nun störet die Ähren im Felde 
ein leiser Lauch; 
wenn eine sich beugt, so bebet 
die andre auch. 
Es ist, als ahnten sie alle 
der Sichel Schnitt — 
die Blumen und fremden Lalme 
erzittern mit. 
Schallendes Lämmern 
tief unten im Tal, 
streitendes Dämmern 
mit sterbendem Sttahl, 
6. Abendlied. 
Nahe wie ferne 
der Glocken Geläut, 
leuchtende Sterne 
am Limmel zerstreut: 
Frieden und Schlummer, 
ihr kehret nun ein, 
scheuchet den Kummer 
und löset die Pein. 
7. Die einsame Wolke. 
Sonne warf den letzten Schein 
müd' im Niedersinken; 
eine Wolke noch allein 
schien ihr nachzuwinken. 
Lange sie wie sehnend hing, 
ferne den Genossen; 
als die Sonne unterging, 
war auch sie zerflossen. 
8. Wunsch am Abend. 
Sturm gestillt zu leisem Lauch, 
welch ein Abendfrieden — 
wär' einst meinem Leben auch 
solch ein End' beschieden! 
9. Hochsommernacht. 
Stille ruht die weite Welt, Nur am Berge rauscht der Vorn — 
Schlummer füllt des Mondes Lorn, zu der Ernte Lut bestellt, 
das der Lerr in Länden hält. wallen Engel durch das Korn. 
10. Winteranfang 
Kommet ihr wieder, 
spinnende Nebel, 
füllend mit ttübem 
Wehen die Luft? 
Wo sich geöffnet 
Blume an Blume, 
liegt nun, ertötend, 
schauernder Duft. 
Ach, und ihm wehret 
kaum mehr die Sonne, 
wie es noch gestern 
flüchtig geschah. 
Abend und Morgen 
scheinen im Dämmer 
nahe verwoben — 
Winter ist da.
	        
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