Full text: Deutsches Dichterbuch ([Teil 2]. Bd. 4, Hälfte 2, [Schülerbd.])

Frida Schanz. 
Geboren 1859. 
ie wurde in Dresden als Tochter des Dichters Julius Schanz geboren, ist 
durch epische und lyrische Dichtungen bekannt geworden. 
1. Der Troll. 
Es brach in das Gehöft des reichsten Erben 
auf einmal rätselhaftes Anglück ein, 
Mißwachs und Seuche, Sterben und Verderben. 
Verzaubert schienen Laus und Los zu sein. — 
Kein Glück, kein Lachen mehr, kein Freu'n, kein Frieden! 
Kein Werk gedieh, kein Tag ging heiter aus. 
Verzweifelt schrie der Mann: „Es ist entschieden, 
es lebt ein böser Geist in meinem Laus! 
Das Anheilsgarn liegt in Gespensterhänden; 
unsichtbar waltet hier ein böser Troll! 
Ich aber schwör's, ich will den Zauber enden, 
und wenn ich selber dabei enden soll!" 
Wild fing er an, die grause Jagd zu führen; 
kühn, ungefüge, heftig, wie er war, 
ging er daran, den Anhold aufzuspüren. 
Erfolglos aber schwanden Jahr um Jahr. — 
Da, in der Nacht einst, in des Frühmonds Schimmer, 
trat, wie aus einem schattenhaften Spalt, 
zu ihm, dem fiebernd Wachenden, ins Zimmer 
auf einmal eine schreckliche Gestalt. 
„Jetzt weh dir, grauenvoller Anheilbringer!" — 
And tobend, glühend, wilden Zornes voll, 
warf sich der Mann, der hünenhafte Ringer, 
auf das Gespenst. — 
And er bezwang den Troll; 
er hielt ihn nieder an den starken Lenden, 
er kniete stöhnend auf des Feindes Brust, 
er hielt den blauen Stahl schon in den Länden. — 
Da kam ihm eine ungestüme Lust, 
daß er dem Geist ins wilde Antlitz spähe; 
er bog sich nieder, keuchend, zitternd, dicht, 
und sah — in klarer, grausenhafter Nähe 
hohnvoll verzerrt —: sein eignes Angesicht. 
Klirrend entfiel das Messer seinen Länden. —
	        
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