Full text: [Teil 4, [Schülerbd.]] (Teil 4, [Schülerbd.])

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alsbald wuchs üppig aus deu vermodernden Trümmern neues Leben her¬ 
vor. Zuweilen stürzte ein solcher Niese in das Bachbett, so daß sich die 
Gewässer schäumend Bahn brechen mußten durch verworrenes Geäste. Es 
kam dann wieder ein mächtiger Wolkenbruch, der deu Bach hoch auf¬ 
schwellen ließ, so daß er die Hindernisse beiseitewarf und die Trümmer 
bergabwärts führte. 
Nun geschah es einst all einem stillen Sommerabend, da weiter llichts 
vernehmlich war als das endlose Nieseln der Gewässer und der Gesang 
der Rotkehlchen lind Amseln, welche der letzte rote Abendschein noch wach 
hielt, daß ein stattlicher Rehbock aus dem Walde vorsichtig auf eine be¬ 
graste Waldblöße trat und dann, nachdem er nach allen Seiten gesichert 
hatte, an den Bach zur Tränke ging. Als er dort zum Wasser sich nieder- 
bellgte, ertönte plötzlich ein durchdringender Warnruf einer aufmerksamen 
Amsel, wodurch sie ein Raubtier oder sonst etwas, das ihr gefährlich scheint, 
ankündigt. Auf diese wohlbekannten Töne hin richtete der Rehbock sich 
hoch empor und wollte sich eben zur Flucht wenden, als ein seltsames 
Schwirren durch die Luft ging, worauf das Tier einen plötzlichen Satz 
machte, daun unter mehrfachem Schrecken in die Knie brach und nach 
einigen vergeblichen Versuchen, wieder hoch zu kommen, vornüber sank 
und mit dem Kopf im fließenden Wasser regungslos liegen blieb. Da 
ertönte hinter dem bergenden Buschwerk ein jauchzender Schrei, und her¬ 
vor trat der erste Mensch, der je in diese Gegend gedrungen, eine neue 
Art von Raubtier, welches gefährlicher war als alle andern zusammen¬ 
genommen. Er war notdürftig in Felle gekleidet, rotgebrannt von 
Luft und Sonne und trug als Waffen Bogen und Pfeile, einen Speer 
und ein Steinbeil. Zunächst betrachtete er wohlgefällig seinen Pfeil, der¬ 
bem Rehbock gerade auf dem Blatt saß und tief eingedrungen war, daun 
zog er aus einer Tasche von Biberfell ein Feuersteinmesser hervor, brach 
seine Beute auf, streifte ihr zum Teil das Fell ab und löste eine der statt¬ 
lichen Keulen heraus. Run trug er von bem reichlich überall verstreuten 
dürren Holze zusammen, davon er drei paßliche Stücke sorgsam aussuchte. 
Zwei davon stieß er tief in den Boden und machte daun mit seinem 
Messer zwei sich gegenüberliegende Vertiefungen in die hervorstehenden 
Enden. Dann schlang er die Sehne seines Bogens um das dritte, beider¬ 
seitig gespitzte Holz und klemmte es mit den Enden in die Vertiefungen 
der aufrechten Äste, also daß die Figur eines Reckes entstand, dessen Seiten¬ 
teile mit starker Federkraft auf bcn wagerechten Stab drückten. Diesen 
nun versetzte er vermittels der umgeschlungenen Bogensehne, indem er mit 
dein Bogen selbst heftig hin- und herfiedelte, in eine schnelle, wechselnde 
Drehung, wodurch wegen der starken Reibung an den Auflagepunkten als¬
	        
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