Full text: [Teil 4, [Schülerbd.]] (Teil 4, [Schülerbd.])

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ihrer zierlichen Glocken kräftig und weithin sichtbar ab. Wir 
finden aber auch eine weiße Spielart. Sie blüht einsam im dunkel¬ 
grünen Grase. Da ist die weiße Farbe von größerem Nutzen als 
das schönere Blau. Es ist wirklich so, als ob die Blumen der 
Wiese miteinander wetteiferten, sich recht bemerkbar zu machen. 
Nicht nur, daß sie aufwärtsstreben, um ihr Blumenantlitz über 
die Genossen zu erheben, nein, sie schmücken sich auch mit 
bunten Farben und suchen diejenigen Plätze auf, wo die ihnen 
eigentümliche Färbung am deutlichsten sich abhebt, ja, bei 
manchen ändert die Farbe ab, je nach der Stelle, wo sie wachsen. 
Wie kleine Gasthäuser verkünden all diese Blumen durch 
weithin leuchtende Schilder, daß man „hier einen Guten schenkt“. 
Und wie die Gastwirte und Kaufleute streben, durch Farben¬ 
kontraste ihre Firmenschilder noch anlockender zu machen, so 
hat auch manch eifriges Blümchen durch allerlei Flecke und 
Zeichnungen sein Blütenschildchen glanzvoller gestaltet. Das 
Vergißmeinnicht verziert seine zartblaue Blüte an der Schlund¬ 
röhre mit einem gelben Rande; auf der Unterlippe des Frauen¬ 
flachses erhebt sich ein leuchtend orangerotes Kissen; der Wiesen¬ 
klee umgibt sein rotes Köpfchen mit grünen Hochblättern; der 
weiße Klee klappt die verblühten Blumen nach unten, so daß von 
der braunen Unterlage die frischen, weißen sich noch leuchten¬ 
der abheben. Pfiffiger noch treiben es andere. Die Kornblume 
hat ihre Randblüten trompetenartig verlängert. Diese Strahlen¬ 
blüten haben selbst keinen Nutzen davon, daß sie sich so weit 
sichtbar machen, denn sie besitzen weder Staubgefäße noch Stem¬ 
pel, können also nicht bestäubt werden. Doch ihren Schwestern 
in der Mitte kommt der herbeigelockte, reichliche Insektenbesuch 
zugute. Ähnliche Selbstaufopferung im Dienst des Ganzen, zu 
dem sie gehören, zeigen die Randblüten in der Dolde der Schirm- 
blütler, die des Maßliebchens, Tausendschönchens, der Kamille 
und vieler andrer. Sie alle locken den Insektenbesuch für ihre 
unansehnlicheren Genossen herbei. 
3. Der Duft der Pflanzen ist ein gleichen Zwecken dienen¬ 
des Mittel. Schon den Honigduft, den wir Menschen meist gar 
nicht bemerken, wittern viele feinnasigere Insekten Hunderte von 
Metern weit. Noch mehr aber den starken Duft vieler Klee-, 
Nelken- und Veilchenarten. Noch kräftigeren Geruch finden wir 
an solchen Pflanzen, die der bunten Blütenpracht entbehren, an 
Stellen wachsen, wo sie schwer aufzufinden sind, oder in der 
Nacht ihre Blüten erschließen. 
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