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Schwäbische Dichter.
Ludwig Uhland.
1787—1862.
Oedichte. Vollständige kritische Ausgabe, besorgt von Erich Schmidt und
Julius Hartmann. Stuttgart 1898.
1. ^ruklmgsUecter.
Frühlingsahnung.
O sanfter, süßer Hauch!
Schon weckest du wieder
Mir Frühlingslieder,
Bald blühen die Veilchen auch.
Mel.: Friedrich Silcher (1780—1860).
Frühlingsruhe.
1.0 legt mich nicht ins dunkle Grab,
Nicht unter die grüne Erd' hinab!
Soll ich begraben sein,
Lieg' ich ins tiefe Gras hinein.
2. In Gras und Blumen lieg' ich gern,
Wenn eine Flöte tönt von fern.
Und wenn hoch obenhin
Die Hellen Frühlingswolken ziehn.
Frühlingsglaube.
1. Die linden Lüfte sind erwacht.
Sie säuseln und weben Tag und
Nacht,
Sie schaffen an allen Enden.
O frischer Duft, o neuer Klang!
Nun, armes Herze, sei nicht bang'
2. Die Welt wird schöner mit jedem
Tag,
Man weiß nicht, was noch werden mag.
Das Blühen will nicht enden.
Es blüht das fernste, tiefste Tal!
Nun, armes Herz, vergiß der Qual!
Nun muß sich alles, alles wenden. | Nun muß sich alles, alles wenden.
Mel.: Rudolf Tschirch (1825-1872). — Felix Mcndelssohn-Bartholdy (1809—1847).
Frühlingsfeier.
1. Süßer, goldner Frühlingstag!
Inniges Entzücken!
Wenn mir je ein Lied gelang.
Sollt' es heut nicht glücken?
2. Doch warum in dieser Zeit
An die Arbeit treten?
Frühling ist ein hohes Fest;
Laßt mich ruhn und beten!
Lob des Frühlings.
Saatengrün, Veilchenduft, Wenn ich solche Worte singe,
Lerchenwirbel, Amselschlag, j Braucht es dann noch großer Dinge,
Sonnenregen, linde Luft! j Dich zu preisen, Frühlingstag?
Frühlingsirost.
Was zagst du, Herz, in solchen Tagen,
Wo selbst die Dorne Rosen tragen?