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5. Der Zigeunerbube im Horden*
1. Fern im Süd das schöne Spanien,
Spanien ist mein Heimatland,
Wo die schattigen Kastanien
Rauschen an des Ebro Strand,
Wo die Mandeln rötlich blühen.
Wo die heiße Traube winkt
Und die Rosen schöner glühen
Und das Mondlicht goldner blinkt.
2. Und nun wandr' ich mit der
Laute
Traurig hier von Haus zu Haus,
Doch kein helles Auge schaute
Freundlich noch nach mir heraus.
Spärlich reicht man mir die Gaben,
Mürrisch heißet man mich gehn:
Ach, den armen braunen Knaben
Will kein einziger verstehn.
3. Dieser Nebel drückt mich nieder,
Der die Sonne mir entsernt.
Und die alten lustigen Lieder
Hab' ich alle säst verlernt.
Immer in die Melodien
Schleicht der eine Klang sich ein:
In die Heimat möcht' ich ziehen.
In das Land voll Sonnenschein!
4. Als beim letzten Ernteseste
Man den großen Reigen hielt.
Hab' ich jüngst das allerbeste
Meiner Lieder aufgespielt.
Doch wie sich die Paare schwangen
In der Abendsonne Gold,
Sind auf meine dunkeln Wangen
Heiße Tränen hingerollt.
, 5. Ach, ich dachte bei dem Tanze
An des Vaterlandes Lust,
Wo im dust'gen Mondenglanze
Freier atmet jede Brust,
Wo sich bei der Zither Tönen
Jeder Fuß beflügelt schwingt
Und der Knabe mit der Schönen
Glühend den Fandango schlingt.
6. Nein! Des Herzens sehnend
Schlagen
Länger halt' ich's nicht zurück;
Will ja jeder Lust entsagen.
Laßt mir nur der Heimat Glück!
Fort zum Süden! Fort nach Spanien!
In das Land voll Sonnenschein!
Unterm Schatten der Kastanien
Muß ich einst begraben sein.
6. Friedrich Rotbart.
1. Tief im Schoße des Kyffhäusers
Bei der Ampel rotem Schein
Sitzt der alte Kaiser Friedrich
An dem Tisch von Marmorstein.
2. Ihn umwallt der Purpurmantel,
Ihn umfängt der Rüstung Pracht,
Doch auf seinen Augenwimpern
Liegt des Schlafes tiefe Nacht.
3. Vorgesunken ruht das Antlitz,
Drin sich Ernst und Milde paart;
Durch den Marmortisch gewachsen
Ist sein langer, goldner Bart.
4. Rings wie eh'rne Bilder stehen
Seine Ritter um ihn her.
Harnischglänzend, schwertumgürtet.
Aber tief im Schlaf wie er.
5. Heinrich auch, der Osterdinger,
Ist in ihrer stummen Schar,
Mit den liederreichen Lippen,
Mit dem blondgelockten Haar.
6. Seine Harfe ruht dem Sänger
In der Linken ohne Klang;
Doch auf seiner hohen Stirne
Schläft ein künftiger Gesang.