Full text: [Teil 5 = Kl. 3, 2 u. 1, [Schülerbd.]] (Teil 5 = Kl. 3, 2 u. 1, [Schülerbd.])

Südländers zusammenschnürt. Alles Leben, das diesen Ort mit der Außen¬ 
welt verbindet, schwimmt auf dem Meere zu ihm. An dem kleinen Hafen 
konzentriert sich daher das Interesse der Stadt. Russische Fahrzeuge kommen 
in großer Zahl vom Weißen Meere und bringen in der Regel Mehl, 
um Stockfische dafür einzutauschen. Trifft aber der Postdampfer oder 
eins der vornehmen Touristenschiffe ein, so ist das das Hauptereignis 
des Tages. Jung und alt versammelt sich am Hafen, und die hübschen 
Töchter der Stadt rudern neugierig dem Schiffe entgegen. 
Kleine ein- bis zweistöckig gebaute Holzhäuschen, die man zum 
Aufstellen fertig aus Bergen oder Christiania beziehen kann, bilden die 
Straßen; zuweilen sind sie statt mit Schindeln mit einer Erdschicht gedeckt, 
aus der ein dichter Grasteppich wuchert. So einfach sie ausschauen, so 
verraten doch vielfach die feinen Vorhänge, die spiegelnden Scheiben, die 
wertvollen Blumen hinter ihnen, daß in den Zimmern Wohlhabenheit und 
Geschmack zu finden ist. Ein starker Bach, der von dem Plateau hinter 
der Stadt in felsiger Rinne herniederrauscht, hat die bequeme Gelegenheit 
zur Anlage eines Elektrizitätswerkes gegeben, das Wohnungen und Straßen 
mit glänzender Beleuchtung versieht; ein Umstand, dessen Bedeutung an 
einem Orte auf der Hand liegt, wo dem zweieinhalbmonatigen Mitt¬ 
sommertage natürlich im Winter eine ebenso lange Mittwinternacht entspricht. 
Auch Hammerfests kleine graue Häusermasse verschwindet hinter uns 
im Labyrinth seiner Felsen:; nur noch wenige Stunden Fahrt am brandnng- 
umtosten Küstenrande, und der nördlichste Vorsprung unseres Erdteils, 
das Nordkap, liegt vor uns. In einer einzigen düstergewaltigen Mauer 
steigt das mächtige Vorgebirge beinahe senkrecht ans den Fluten empor 
zu einer Höhe von etwa 300 Meter. Wie die äußerste Kante eines 
gigantischen Festungsbanes drängt es sich in das einsame Eismeer hinaus, 
als müßte es ein Bollwerk gegen seine Fluten bilden. Es ist einer der 
großen Momente des Lebens, oben auf seiner glatten öden Fläche zu 
stehen und den Blick hinauszusenden auf die unendliche, dunkelfarbige 
Meerffut, auf der uns kein Gegengestade mehr grüßt, wo keine dauernde 
menschliche Wohnstätte mehr liegt, und wo, unsichtbar und doch gefühlt, 
die geheimnisvollen Eisgefilde des Nordpols sich ausdehnen. 
Doch das (Snbe des Erdteils ist keines für unsere Wanderlust. 
Weiter nach Norden trägt uns der Kiel unseres Schiffes, der mit ein¬ 
förmigem Rauschen jetzt die Fluten des Eismeeres zerteilt. Hinter uns 
versinken die letzten Felsengipfel Norwegens, wir schwimmen auf einem 
Meere, das den Menschen nur als flüchtigen Gast während weniger 
Sommermonate duldet. Vögel, wie wir sie noch nicht gesehen, um¬ 
schwärmen unser Schiff in Scharen: der wunderliche Papageientaucher 
mit seinen! übergroßen, gelb und rot gestreiften Schnabel, kleine fette Alke, 
die sich flatternden Flügelschlages aus den Wellen erheben, wenn wir 
ihnen nahen, und vor allein der Künder des Eises, der Mallemuck oder
	        
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