fullscreen: Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild (Bd. 1)

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Knabe ein und „gar an solch sonnigen Herbsttagen!" „Du frei- 
lich nicht," fuhr Vater fort, „du bist ein Kind dieses Landstriches. 
Aber euer Kätzlein stammt aus dem heißen Süden. Seine Vor- 
eltern wurden wohl von Reisenden in unsere Gegenden gebracht. 
Von dieser eigentlichen Heimat her ist ihm das große Wärme- 
bedürfnis geblieben. Denke nur, wie oft ihr euch gewundert 
habt, daß es stundenlang im glühendsten Sonnenschein lag." 
„Bleib nur, Miezekätzchen, bleib," sprach schmeichelnd das Mäd- 
chen und streichelte sanft über das seidige Haar. Das behagte 
Sctmmetfell, wohlig streckten sich Beine und Pfoten. „Es 
schnurrt," berichteten erfreut die Kinder, als sie das leise surrende 
Geräusch hörten, das durch zwei zarte, gespannte Häutchen im 
Kehlkopf hervorgebracht wird. „Ei, wie sie gleich zusammen- 
zuckt!" rief der Knabe. „Ich bin nur mit dem Finger ganz 
wenig an ihre Schnurrbartspitzen gekommen!" „Das hat seinen 
Grund," erklärte wieder der Vater. „Die Katzen haben in den 
Haaren ein sehr feines Tastgefühl, noch viel feiner als am 
übrigen Körper. Es wird es auch sofort spüren, wenn nur die 
Spitze deines Fingers die langen Haare über den Augen be- 
rührt." „Was ist denn das?" rief auf einmal das Mädchen. 
„Das Fell ist ja feurig. Miez, was hast du nur?" Das Kätzchen 
war aufgesprungen und wehrte sich kläglich miauend gegen die 
haltenden Hände des Knaben. „Ich habe ihm nichts zu leide 
getan, ich wollte es nur mal verkehrt streicheln!" „Du brauchst 
nicht zu erschrecken," beruhigte der Vater. „Das ist eine Eigen- 
tümlichkeit des Katzenfelles, daß Funken herausspringen, wenn 
man es iul Dunkeln nach rückwärts streicht. Die Katzen mögen 
aber diese Art Liebkosung nicht leiden, da sie es eben durch deu 
feinen Tastsinn in den Haaren unangenehm empfinden." „Zu 
dumm, daß die Kätzchen gerade da so empfindlich find, da muß 
man sich ja ordentlich scheuen, zärtlich mit ihnen zu sein!" „Für 
dich und deinesgleichen ist's vielleicht nicht erwünscht," nahm 
Vater wieder das Wort. „Aber denke, wie schlecht es den Katzeu 
auf ihren nächtlichen Jagdzügen ginge. Sie haben zwar sehr 
scharfe Augen, die für die Dämmerung und die hellen Nächte 
ausreichen, aber in der Stockfinsternis können sie so wenig sehen 
wie ich und du. Da muß dann das seine Gefühl den Dienst 
der Augen tuu." „Komm Miezchen, ich will dich trösten, weil 
wir dir so viel Unbehagen gemacht haben," sagte nuu die Kleine 
und kam mit einem Näpfchen Milch zu der Katze, die sich iu- 
zwischeu wieder beruhigt zum Schlafen hingeschmiegt hatte. Aber 
das Tierchen rührte sich nicht, bis der beliebte Trank dicht vor
	        
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