Full text: [Teil 5 = Kl. 3, 2 u. 1, [Schülerbd.]] (Teil 5 = Kl. 3, 2 u. 1, [Schülerbd.])

Nur ganz langsam arbeitete sich das Werk vorwärts. Allmählich 
kamen seine Erzeugnisse, Hämmer und Scheren, Spindeln und Stempel, 
die der Fabrikherr vielfach selbst von Ort zu Ort, von Hof zu Hof ver¬ 
trieb, in Aufnahme. Wie oft wurden aber die Zeiten des Aufschwunges 
auch wiederum durch herbe Enttäuschungen unterbrochen! Noch im 
Jahre 1848 konnte Krupp sich nur durch den Verkauf der seiner Familie 
gehörenden silbernen Gabeln und Löffel die Mittel zum Unterhalt seiner 
Arbeiter verschaffen, und seit jener herben Stunde soll es, solange der alte 
Herr lebte, im Hause Krupp niemals echtes Silbergerät gegeben haben. 
Auch wenn später, wie es oft geschah, fürstliche Gäste das herrliche Schloß 
des millionenreichen „Kanonenkönigs" mit ihrem Besuche beehrten, kam 
nur ueusilbernes Gerät auf den Tisch. 
So schwer indessen die Zeitlage war, so gering der Verdienst blieb, 
so hatte der junge Fabrikherr es doch nimmer versäumt, die vorhandenen 
Mittel zu seiner weiteren eigenen Ausbildung zu verwenden. Er erkannte 
vor allem, welche Bedeutung für jeden Vorwärtsstrebenden die Kenntnis 
der lebenden Sprachen besitzt, und eignete sich noch als gereifter Geschäfts¬ 
mann sowohl das Französische wie das Englische vollkommen an. Zugleich 
aber hielt er, besonders and; auf seinen Reisen, allzeit Augen und Sinne 
offen für alles Neue und Entwicklungsfähige, das ihm nur irgendwie mit 
feinem Beruf und seinem Geschäft in Beziehung zu stehen schien: er wußte 
zu sehen und zu beobachten. 
Nach zwei Richtungen hin fand dieser scharfe Blick neue, erstrebens¬ 
werte Ziele. Einmal erkannte Alfred Krupp bereits Ende der vierziger 
Jahre, daß der Gußstahl, wie ihn fein Vater herstellte, der Bronze und 
dem Gußeisen weit überlegen, daß er durch seine Zähigkeit und Spann¬ 
kraft uuiibertrefflich sei. Zum andern wandte er dem gerade in seinen 
Jahren mächtig emporblühenden Eisenbahnwesen seine volle Aufmerksamkeit 
zu und suchte seinen bereits wohlbewährten Gußstahl für einzelne Zweige 
des Bahnbaues und Bahnbetriebes unentbehrlich zu machen. So wollte 
er gleichsam zwei Grundlagen für sein Werk schaffen. Die Segnungen 
des Friedens sollten ihm dereinst, wenn sein Erzeugnis erst volle Aner¬ 
kennung erlangt hatte, große Aufträge auf dem Gebiet des Bahuweseus 
und des Maschinenbaues bringen — der Krieg und die Vorbereitung für 
diesen mußten ihm lohnende Arbeit für den Teil seines Werkes sichern, 
den er für die Geschützausrüstuug der Heere plante. 
Wie weit aber war er noch von diesen Zielen entfernt! 
Den Gußstahlgeschützen, die Krupp versuchsweise auf eigene Kosten 
anfertigte und verschiedenen Staaten zur Prüfung zur Verfügung stellte, 
begegnete man mit dem größten Mißtrauen. Man zweifelte allgemein, 
daß es gelingen könne, größere Gußstahlstücke von genügender innerer 
Gleichiuäßigkeit, wie sie zum Geschützguß erforderlich sind, herzustellen. 
Hatte man in England doch schon seit laugen Jahrzehnten Gußstahl er-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.