Full text: [Teil 5 = Kl. 3, 2 u. 1, [Schülerbd.]] (Teil 5 = Kl. 3, 2 u. 1, [Schülerbd.])

glücklichen. Ungezählt sind die Leichen, welche herausgetragen wurden, 
auch der Bürger mochte sich hüten, daß die Ansteckung nicht in sein 
Haus drang. Wer von den Fremden vermochte, schlich deshalb nach 
notdürftiger Ruhe, müde und hoffnungslos der Heimat zu. Die Buben 
auf der Straße aber sangen: 
„Ritter ohne Schwert, 
Reiter ohne Pferd, 
Flüchtling ohne Schuh', 
Nirgend Rast und Ruh'. 
So hat sie Gott geschlagen, 
Mit Mann und Roß und Wagen," 
und hinter den Flüchtlingen gellte der höhnende Ruf: „Die Kosaken sind 
da!" Dann kam in die flüchtige Masse eine Bewegung des Schreckens, 
und schneller wankten sie zum Tore hinaus. 
16. PfCUßCTIS 6rbebun<$. Von Heinrich von CreitTcbke. 
Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert. 1. Teil. 5. Auflage. 
Leipzig 1894. 8. 431. 
^Vsrn 17. März 1813 unterzeichnete Friedrich Wilhelm UI. das Land- 
Wehrgesetz und den „Aufruf an Mein Volk". Es war die Rückkehr 
zur Wahrheit und zum freien Handeln, wie Schleiermacher in einer 
freudevollen Predigt sagte. Das treue Volk atmete auf, da nun endlich 
jeder Zweifel schwand, die allzu harte Prüfung der Geduld und des Ge¬ 
horsams vorüber war. So hatte noch nie ein unumschränkter Herrscher 
zu seinem Lande geredet. Ein Hauch der Freiheit, wie er einst die 
Kriegslieder der Hellenen erfüllte, wehte durch die schlichten, eindring¬ 
lichen Worte, die der geistvolle Hippel in guter Stunde entworfen 
hatte. Mit herzlichem Vertrauen ries der König seine Brandenburger, 
Preußen, Schlesier, Pommern und Litauer bei ihren alten Stammesnamen 
an und entbot sie zum heiligen Kampfe: „Keinen anderen Ausweg gibt es, 
als einen ehrenvollen Frieden oder einen ruhmvollen Untergang. Auch 
diesem würdet Ihr getrost entgegen gehen, weil ehrlos der Preuße und 
der Deutsche nicht zu leben vermag!" Und nun stand es auf, das alte, 
waffengewaltige Preußen, das Volk der Slawenkämpfe, der Schweden¬ 
schlachten und der Sieben Jahre, und ihm geschah wie jenem Helden der 
germanischen Sage, der beim Anblick seiner Fesseln so in heißem Zorn 
entbrannte, daß die Ketten schmolzen. Kein Zweifel, kein Abwägen der 
Übermacht des Feindes; alle dachten wie Fichte: „Nicht Siegen oder 
Sterben soll unsere Losung sein, sondern Siegen schlechtweg!" „Mag 
Napoleon noch so oft Schlachten gewinnen," schrieb Scharnhorst, „die 
ganze Anlage des Krieges ist so, daß im Verlaufe dieses Feldzuges uns 
sowohl die Überlegenheit als der Sieg nicht entgehen kann." Schon der
	        
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