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II. Erzählungen aus aller Welt. 
andern herzu, ein jeder wollte den Preis gewinnen,- allein weder mit 
Eifer noch mit Ruhe war es möglich, das Kunststück auszuführen. „Es 
ist unmöglich," riefen die Herren, „Ihr verlangt Unausführbares!" — 
„Und doch", sagte Kolumbus, „werden Sie sogleich sagen: das kann ein 
jeder von uns auch!" Jetzt nahm er das Ei und setzte es mit einem leichten 
Schlag auf den Tisch, so datz es auf der eingedrückten Schale feststand. — 
„3a, das kann ein jeder von uns!" riefen die Herren. — Seitdem hört 
man oft sagen, wenn eine glückliche Erfindung gemacht wurde, zu der 
ein jeder sich klug genug dünkt: „Da? Ei des Kolumbus!" 
22. Der geheilte Patient. 
Johann Peter Hebel. Sämtl. Werke. 3. Band. Karlsruhe. 
Reiche Leute haben trotz ihrer gelben Vögel doch manchmal 
auch allerlei Lasten und Krankheiten auszustehen, von denen 
gottlob der arme Mann nichts weiß; denn es gibt Krankheiten, 
die nicht in der Luft stecken, sondern in den vollen Schüsseln 
und Gläsern und in den weichen Sesseln und seidenen Betten, 
wie jener reiche Amsterdamer ein Wort davon reden kann. Den 
ganzen Vormittag saß er im Lehnsessel und rauchte Tabak, 
wenn er nicht zu träge war, oder hatte Maulaffen feil zum Fenster 
hinaus, aß aber zu Mittag doch wie ein Drescher, und die Nach¬ 
barn sagten manchmal: „Windet’s draußen, oder schnauft der 
Nachbar so?“ — Den ganzen Nachmittag aß und trank er eben¬ 
falls bald etwas Kaltes, bald etwas Warmes, ohne Hunger und 
ohne Appetit aus lauter Langerweile bis an den Abend, also 
daß man bei ihm nie recht sagen konnte, wo das Mittagessen 
aufhörte und wo das Nachtessen anfing. Nach dem Nachtessen 
legte er sich ins Bett und war so müde, als wenn er den ganzen 
Tag Steine abgeladen oder Holz gespalten hätte. Davon bekam 
er zuletzt einen dicken Leib, der so unbeholfen war wie ein 
Maltersack. Essen und Schlaf wollten ihm nimmer schmecken, 
und er war lange Zeit, wie es manchmal geht, nicht recht gesund 
und nicht recht krank; wenn man aber ihn selber hörte, so hatte 
er 365 Krankheiten, nämlich alle Tage eine andere. Alle Ärzte, die in 
Amsterdam sind, mußten ihm raten. Er verschluckte ganze Feuer¬ 
eimer voll Mixturen und ganze Schaufeln voll Pulver und Pillen, 
wie Enteneier so groß, und man nannte ihn zuletzt scherzweise nur 
die zweibeinige Apotheke. Aber alle Arzneien halfen ihm nichts;
	        
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