Full text: Deutsche Prosa und Poesie (Teil 4, [Schülerbd.])

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5. Alles, was ist auf dieser Welt, 
es sei Silber, Gold oder Geld, 
Reichtum und zeitlich Gut, 
das währt nur eine kleine Zeit 
und hilft doch nichts zur Seligkeit. 
6. Ich dank' dir, Christ, o Gottes 
Sohn, 
daß du mich solch's hast erkennen Ion 
durch dein göttliches Wort; 
verleih mir auch Beständigkeit 
zu meiner Seelen Seligkeit. 
7. Lob', Ehr' und Preis sei dir gesagt 
für all dein erzeigt' Wohltat, 
und bitt’ dich demütig: 
Laß mich nicht von dein'm Angesicht 
verstoßen werden ewiglich. 
2. Die ungleichen Kinder Evas. 
(Gekürzt.) 
Als Adam und Eva befolgend Satans 
Rat 
genossen der verbotnen Speise, 
trieb Gott sie aus dem Paradeise. 
Sie waren bei Gott in Ungnaden. 
5 Nach diesem furchtbar großen Scha¬ 
den 
baut' Adam die unfruchtbare Erde 
mit vielem Schweiß und viel Be¬ 
schwerde. 
Von ihren Kindern war ein Teil gar 
adlig, 
von zarten Gliedern untadlig, 
10 sinnreich, geschickt, höflich, anstän¬ 
dig; 
doch hatten sie Kinder viel unbändig, 
toll, tölpisch, grob und ungeschlacht, 
ungleich den Kindern obgedacht. 
Es zog deshalb die Mutter klug 
15 die schönen Kinder vor genug 
und hielt sie hold und lieb und wert; 
der andern Kinder sich beschwert, 
tät wenig nur nach ihnen fragen, 
weil sie so aus der Art geschlagen. 
20 Der schlechtgeratnen Kinder Schar, 
dieweil sie gar zu zahlreich war, 
ließ Eva gehen, wie sie gingen. 
Jedoch nicht lang' nach diesen 
Dingen 
der gütige, allmächt'ge Gott 
25 Eva durch seinen Engel entbot, 
er wollte zu ihr kommen hinaus, 
zu sehen, wie sie hielte Haus 
mit ihren Kindern und Adam. 
Als Eva die Botschaft vernahm, 
30 da war sie froh ob Gottes Gnaden 
und dacht': „Sein Kommen wird nicht 
schaden." 
Sie kehrt' und schmückt’ das ganze 
Haus 
mit Gras und schönen Blumen aus 
und steckt' in alle Zimmer Mai'n. 
35 Tät die schönen Kinder baden fein, 
sie prächtig putzte, strählt'und kämmt', 
und jedem gab ein frisches Hemd; 
tät ihnen fleißig auch anzeigen, 
wie sie sich höflich sollten neigen 
40 dem Herren, und ihn schön empfangen, 
die Händchen bieten, fein züchtig 
prangen. 
Die andern Kinder ungestalt’t 
verstieß sie alle, jung und alt. 
Ein Teil verbarg sie in der Streu, 
45 ein Teil vergrub sie in das Heu, 
ein Teil stieß sie ins Ofenloch. 
Denn sie sorgt' sehr, der Herre hoch 
würd' spotten ihrer ob dieser Zucht, 
ob ihrer umgestalten Frucht. 
50 Als aber nun der Herre kam, 
die schönen Kinder all' zusamm'n 
sie hatt' der Reih' nach aufgestellt. 
Die empfingen den Herrn der Welt, 
neigten sich höflich nach dem Ende 
55 und boten ihm auch ihre Hände 
und knieten nieder schön alsdann 
und beteten den Herren an. 
Darauf der milde Herre gütig 
segnet' die Kinder gar sanftmütig
	        
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