Full text: Deutsche Prosa und Poesie (Teil 4, [Schülerbd.])

326 
her!" schrie der Alte und stampfte. „Jawohl — sonst nichts? Daß ihr 
mir meinen Gaul zu Tod schindet an euern Karren?" 
„Nehmt ihn hinein in die Mitte!" befahl der Alte. Ein Dutzend 
Bauern drang auf den Junker ein. „Oho," rief dieser, sprang zurück, ritz 
einen Bolzen aus dem Köcherlein und legte ihn auf die Rinne. „Ein 
saubrer Bruder!" kreischte der Schneider. „Siecht ihn übern Haufen!" 
„Ruhig!" befahl der Alte und trat vor. „Willst jetzt gut tun und willst 
mit uns in unser Lager?" „No, was sonst?" kam die Antwort zurück. 
„Dann mutzt's uns fest versprechen, sonst ist's nichts!" „Auf meine ritter¬ 
liche Ehre!" „Bei uns gibt's nur 'ne Bauernehr', das merk dir!" sagte 
der Alte und winkte die andern zurück. Verdrossen kam der Junker, bückte 
sich, schnallte die Sporen ab und steckte sie ein. „Her zu mir!" befahl der 
Führer. Murmelnd setzte sich der Haufe in Bewegung. 
III. Einnahme der Burg Stollberg. 
(Burgen werden von den Bauern gebrochen, Klöster zerstört, Weinberge und 
Felder verwüstet. Klas rettet aus den Händen der trunknen Bauern seiner Schar 
das zarte Kindlein einer Gräfin Stollberg, das von einer treuen Magd auf eine Burg 
geflüchtet werden sollte, indem er der Hüterin die sichern Wege anzeigt.) 
Das Lager wurde abgebrochen, und die Fahrt ging weiter. Nordwärts 
zog das Heer im Frühlingssonnenschein durchs blühende Land. Und es 
war eine lustige Reise. In den Dörfern standen die Weiber und Kinder 
an der Stratze und hatten Weins genug in Stützen und Gelten, winkten 
und lachten und füllten die Krüge bis an den Rand. Mit roten Köpfen, 
jauchzend und johlend, rückten die Bauern vor. Frischgrüne Zweige schwank¬ 
ten aus ihren Hüten. Sie waren die Herren. 
Wie eine langmächtige, dicke Schlange kroch das Heer zwischen Feldern 
und Weinbergen dahin. Und gierig züngelte das Ungetüm nach rechts und 
links, wo nur immer Klostermauern ragten und Junkertürme drohten. Auf 
hohe Felsen kroch es und schlüpfte in fruchtbare Täler und schob sich weiter 
und weiter. Brandgeruch stank hinter ihm zum wolkenlosen Himmel empor, 
dicker und dicker wurde das gefrätzige Tier. — —-- -- 
Die Sonne stand hoch über dem Tal, die Lerchen sangen, der Tau lag 
silbergrau weithin auf Gras und Kraut, und die braunroten Dächer der 
Burg Stollberg blinkten im lachenden Morgenlichte. Ein Haufe bewaffneter 
Bauern lief den steilen Berghang hinan. „Da droben wohnt sie, die 
Gräfin," sagte der Schneider; „aber ihr Mann ist nicht droben, der hat 
auf Würzburg gemutzt." — — Im Hohlwege sammelte sich die Schar, 
und man hielt eine Beratung. „Nehmt's nur nit so leicht," warnte einer, 
„'s können doch noch Landsknecht' droben sein." „Landsknecht'?" Der 
Schneider lachte. „Ein einziger ist droben, gelt, Ohlschmid? (O. ist der 
Hauptmann der Bauernschar.) Und das ist der Hinner von Gereshofen,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.