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Entstehung und Ausbreitung des Christenthums. — Da»
größte und segensreichste Ereigniß unter der Regierrmg deS Kaiser»
Augustus war die Geburt unsere« göttlichen Erlösers. Bis zu sei¬
nem dreißigsten Jahre lebte er in stiller Thätigkeit und nahm zu au
Weisheit und Gnade vor Gott und den Menschen. Dann zog er
drei Jahre lang in den Städten und Flecken Palästinas umher und
lehrte und wirkte Wunder, wo und wann es das menschliche Be¬
dürfniß erforderte, bis die Zeit gekommen war, in welcher er nach
dem Rathschlusse der ewigen Erbarmung Gottes daS Werk der Er«
lösnng der Menschen durch seinen freiwilligen Tod am Kreuze voll¬
brachte. Aber am.dritten Tage erstand er glorreich vom Tode, zeigte
sich seinen betrübten Jüngern, tröstete sie und fuhr dann sichtbar
hinauf gen Himmel, um dort allen Denen einen Wohnsitz zu berei¬
ten, die seine heilige Lehre befolgen. Am Pfingsttage sandte er
ihnen den hl. Geist und stärkte sie zur Verkündigung des Gesetzes
de« neuen Bundes. Muthig traten sie jetzt auf und verkündeten da»
Evangelium des Gekreuzigten. Ihre beseligende Lehre fand überall
freudige Bekenner; eine christliche Gemeinde entstand nach der an¬
deren. Ueber jede einzelne Gemeinde führte nach göttlicher An¬
ordnung ein Vorsteher, LpiscLpus (woher unser Wort Bischof),
die Aufsicht, welchen die kresb^ttzri (woher unser Wort Priester)
und die Diakonen in der Ausübung der Pflichten des PriesteramtcS
unterstützten. Der erste aller Bischöfe aber und das geistliche Ober¬
haupt der ganzen Christenheit war der Papst zu Rom. Den
Namen Papst führt er von dem lateinischen Worte ?apa, b. i.
Vater. Von Nom aus strömte daS Licht des Evangeliums nach und
nach in alle Welt, und die Stadt des Romulus ward zur ewigen
Stadt der Kirche.
Anfangs achteten die Römer daS Christenthum wenig. Als eS
aber immer weiter sich ausbreitete, fürchteten sie die Christen als
eine besondere Partei im Staate, die den Umsturz alles Bestehen¬
den herbeiführen könne. Dazu kainen die Verläumdungen und An-
schtvärzungen von den eifersüchtigen heidnischen Priestern. Mehre
Kaiser verfolgten deshalb die Christen auf das heftigste. Aber diese,
die das irdische Leb>.n gering achteten gegen daS himmlische, litten
lieber alle Qualen, selbst den Tod, als daß sie ihren Glauben ver-