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und zur Ehre seiner jungfräulichen Königin „Virginien", d. i.
Jungfrauenland, genannt (1585).
Bon nun an kamen mit jedem Jahre neue Kolonisten auch von
anderen Nationen herüber, größtentheils junge unternehmungslustige
Männer, die vor Unmuth ihr Vaterland verließen, um in dem neuen
Erdtheile einen Zufluchtsort für religiöse und bürgerliche Freiheit
zu gewinnen. Eine Kolonie reihete sich an die andere, unter allen
aber blühete am schnellsten Pennsilvanien auf. Der menschenfreund¬
liche Engländer William Penn hatte, mit seltener Rechtlichkeit
das ihm von der Krone geschenkte Land noch einmal den Indianern
abgekauft und hier die Stadt Philadelphia (Bruderliebe) gegründet,
die jetzt eine der reichsten und schönsten Städte von Amerika ist.
Alle Kolonisten aber, aus welchem Lande und von welcher Religion
sie auch waren, erkannten die Engländer als die ursprünglichen Herren
des Landes an und waren auch stets von England aus mit mütter¬
licher Sorgfalt gepflegt und gegen alle Angriffe beschützt worden.
Durch großen Kostenaufwand hatte das Mutterland seine Kolonien
zu einer so herrlichen Blüthe gebracht, daß die Zahl der Bürger
innerhalb hundertfünfzig Jahre schon zu drei Millionen angewachsen
war. Es schien daher auch billig, daß sie zur Abtragung der dadurch
vergrößerten englischen Nationalschuld steuerten. Allein die Koloni¬
sten weigerten sich dagegen und erklärten, das Mutterland habe durch
den ausschließlichen Handel mit ihnen Vortheil genug. Als des-
ungeachtet das englische Parlament im Jahre 1765 die Stempel¬
acte einführte, nach welcher sie zu allen kaufmännischen und gericht¬
lichen Verhandlungen Stempelpapier gebrauchen sollten, kam der Un¬
wille zum Ausbruche. In vielen Städten wurden die Todtenglocken
geläutet, in einer sogar ein förmlicher Leichenzug veranstaltet, als
würde nun ihr Glück zu Grabe getragen; in anderen kam es selbst
zu groben Gewaltthätigkeiten, so daß das englische Parlament es
für rathsam hielt, die Stempelacte zurückzunehmen.
Aufstand in Boston (1773). — Durch die ersten gelungenen
Versuche wurde der widerstrebende Geist der Kolonisten noch mehr
angefeuert. Als im Jahre 1770 die Theeacte erschien, welcher
gemäß die Kolonisten für die Einfuhr des Thees eine unbedeutende
Steuer entrichten sollten, widersetzten sie sich ebenfalls und kauften
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