Object: Vom westfälischen Frieden bis auf unsere Tage (Bd. 7)

Zweiter Zeitraum. 
den muͤssen, und seufzt unter derselben noch bis auf 
den heutigen Tag. 
Der westfaͤlische Friede hatte die Bande des Rei⸗ 
ches noch mehr zerrissen, Deutschland war nur noch 
ein Bund vieler kleiner Staaten, und jeder feindli— 
che Nachbar hatte hier freies Spiel fuͤr seine Erobe⸗ 
rungsplane, und die nachher gefuͤhrten vielen Kriege 
hatten immer einen traurigen Anfang oder ein schimpf⸗ 
liches Ende. Aber bis auf den heütigen Tag haben 
wir immer zwischen guten und boͤsen Zeiten, zwischen 
Freuden und Leiden, zwischen Siegen und Niederla⸗ 
gen die Hoffnung nicht verloren, daß es doch ein⸗ 
mal dauerhaft besser werden duͤrfte. 
Die dreißigjaͤhrigen Schrecken des enn die 
taͤgliche Todesangst, die Hungersnoth, die Vergaͤng⸗ 
lichkeit der zeitlichen Guͤter, die man nun so deutlich 
erkannte, alles dieses hatte den Blick. der Deutschen 
nach dem Himmlischen gerichtet, und in ihnen eine 
aͤusserst religioͤse Stimmung zuruͤckgelassen. In der 
Religion fand man Heilung so vieler geschlagenen 
Wunden, der Krieger kehrte zu den in Geschaͤf⸗ 
ten des Ackerbaues zuruͤck, und Sonntags goß der 
feierliche Gottesdienst eine Ruhe in sein Herz, die 
er im Getuͤmmel des Lagers nie verkostet hatte. Nie 
war wohl der Eifer, fromme Stiftungen zu machen, 
groͤßer, als gleich nach dem dreißigjaͤhrigen Kriege. 
Im dreißigjaͤhrigen Kriege waren daäs erste mal 
Franzosen in Masse h Deutschland gekommen, 
ünd den Deutschen durch thre feineren Sitten aufge⸗ 
fallen. In Muͤnster und Osnabruͤck hatte man diese 
Nachbarn auch von Seiten ihrer Pracht und ihres 
glaͤnzenden Anzuges kennen gelernt. Die Deutschen 
wurden ganz vernarrt in diese vermeinten Vorzuͤge, 
und reiseten nun zu Tausenden mit schwerem Gelde 
nach Paris, um sich in Franzosen umwandeln zu las—⸗ 
sen. Wenn sie heimkehrten, so trugen sie statt des 
deutschen vollen Rockes einen Frack, uͤber demselben 
einen Degen, Schuhe mit großen Schnallen, gepu⸗ 
dertes Häar oder gar eine maͤchtige Alongeperuͤcke, 
und ließen sich Monsieur anreden. Dabei mischten 
sie allerlei franzoͤsische Brocken in ihre Rede, auch 
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