Full text: Von Alexander d. Gr. bis Christus (Bd. 3)

Sechster Zeitraum. 
freien können! Denn nach Erlösung seufzten alle, die je ein 
römisches Heer beherbergt hatten, und verhaßt war der rö— 
mische Name, er mochte Tribute fordern, oder eine trügliche 
Freiheit verkündigen. 
Philipp von Macedonien hatte schon einmal die schwere 
Hand der Römer gefühlt; darauf hatte er sich in die Zeit 
geschickt, und den Siegern auf ihren Zügen gegen Antiochus 
und die Aetolier Hülfe geleistet. Hierdurch hatte er sich die 
Herren der Erde wieder zu Freunden gemacht, so daß er 
von ihnen seitdem manche geheime Vergünstigung genoß. 
Sein jüngster Sohn, Demetrius, der bisher in Rom 
als Geißel gelebt hatte, ward ihm zurückgeschickt, und von 
dem Strafgelde erließ man ihm auch einen Theil. So er— 
holte sich der alte Mann wieder, und überließ sich auf's 
neue der Hoffnung, daß es ihm. — und wenn nicht ihm, 
doch seinen Söhnen — wohl noch gelingen könne, Macedo— 
nien unabhängig von jenen übermüthigen und habsüchtigen 
Römern zu machen. Er sammelte daher unter der Händ 
Kriegesvorräthe aller Art, er füllte den Schatz und die 
Kornmagazine, und verstärkte seine Truppenzähl, die ihm 
die Römer damals auf 500 Mann beschränkt hatten, insge- 
heim zu einem furchtbaren Heere. Allein ein häusliches Un— 
glück zog seinen Sinn von auswärtigen Unternehmungen 
ab, und die Römer erfuhren bei seinem Leben nicht, was er 
ihnen zugedacht hatte. 
Sein Herz neigte sich am meisten zu dem jüngern von 
seinen beiden Söhnen, Demetrius, und haßte den Perseus, 
dessen verschlossenes Wesen, dessen Tücke und Verstellung ge— 
gen die freundliche Gemüthsart des Bruders einen widerli— 
chen Gegensatz bildete. Der hämische Perseus sah die Begün— 
stigung des Demetrius mit geheimer Eifersucht, und da er 
wuͤßte, daß dieser sich in Rom bei den ersten Staatsmän— 
nern beliebt gemacht hatte, so fing er an, für seine eigene 
Thronfolge zu zittern. Ein schaͤndliches Bubenstück war die 
Folge dieser Furcht. Er verläümdete seinen Bruder bei dem 
Vater, machte den alten Mann mißtrauisch gegen seinen 
Liebling, spiegelte ihm Schreckensbilder von Verschwörung, 
von Vatermord vor, berief sich auf bestochene Zeugen, stellte 
sich als warnender Schutzgeist, als verkannter Freund, und 
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