Full text: Von Rudolph von Habsburg bis zur Entdeckung von America (Bd. 5)

186 Vierter Zeitraum. 
ihm bald wieder leid daß er ihm Guyenne gegeben hatte. 
Nach 2 Jahren war der Bruder plötzlich todt, und die Leute 
sagten, der König habe ihn vergiften lassen. So fielen wie— 
der treffliche Provinzen an seine Krone. 
Den Herzog von Alengon ließ er durch einen Troß 
handfester Leute aus seinem Schlosse holen, und nach 2 Jah⸗ 
ren zu Paris im Kerker verhungern, sein Land aber einziehen. 
Dem Grafen von Armagnac hatte er ein Aehnliches 
zugedacht, aber der hütete sich, und versprach Frieden, wenn 
Ludwigs General ihm zusichere, daß ihm kein Leid gesche— 
hen solle. Der General beschwört es auf eine heilige Hostie, 
die sie darauf gemeinschaftlich empfangen, wird dann in des 
Grafen Stadt eingelassen, und das erste, was er thut, ist, 
daß er den Grafen niederhaut, und seine Stadt dem Erd— 
boden gleich macht. 
Karl der Kühne begann abermals den Krieg, und Lud— 
wig wollte ihm entgegenziehen. Diesmal wurde aber der 
eine Schelm von einem noch ärgern Schelme betrogen, das 
war der Connetable St. Paul, ganz das Gegentheil von 
Bertrand du Guesclin. Ludwig wußte es nicht, daß derselbe 
mit Karl im Bunde stand. Mit ehrlicher Miene sagte die— 
ser Heuchler zu Ludwig, die Engländer würden zu Calais 
landen, um den Burgundern zu helfen. Ludwig glaubte es, 
lag einige Monate harrend in der Normandie, und kein 
Engländer ließ sich sehen. Endlich erschien jedoch Eduard Vl. 
von England, aber wie staunte dieser! Er hatte erwartet, 
ein Heer von Burgundern und andern Verbündeten schlag— 
fertig zu finden; statt dessen stand ein Heer Franzosen vor 
ihm aufgepflanzt. Was sollte er machen? So lange warten, 
bis Karl neue Truppen werbe, und ihn abhole? Das ging 
nicht. Er nahm von Ludwig 75,000 Goldthaler an, 50,000 
sollte er künftig alle Jahre haben, dafür schwur er auf Re— 
liquien, Frankreich zu verlassen. Zum Zeichen der Freund— 
schaft ließ Ludwig das englische Heer vor seinem Abzuge 
mit Wein und Braten herrlich bewirthen, und hatte mit 
Eduard noch eine persönliche Zusammenkunft auf einer Git— 
terbrücke. Beide küßten sich sogar durch die engen Räume 
des Gitters und Ludwig sagte: Es ist kein Mensch auf 
Erden, den ich so sehr zu sehen gewünscht habe, wie Euch,
	        
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