Full text: Von Rudolph von Habsburg bis zur Entdeckung von America (Bd. 5)

2 Vierter Zeitraum. 
mehr fürchtete er ermordet zu werden Fast jeden Tag wechselte 
dieser Dihnysius des Mittelalters seine Diener, sein Residenz- 
schloß Plessis bei Tours ließ er furchtbar befestigen, und des 
Nachts alle Zugänge verrammeln. Nur in dringenden Staats— 
angelegenheiten ließ er seine Räthe vor sich kommen, und be— 
hängte sich dann mit den prächtigsten Gallakleidern, um seine 
Magerkeit und seine gelbe Farbe zu verbergen. Fuhr er noch 
aus, so geschah es in einem dicht verschlossenen Wagen. Wer 
ihm verdächtig wurde, den ließ er in einen eisernen Käfig per— 
ren. Sein Körper zehrte so ab, daß er am Ende gar nicht 
mehr arbeiten konnte, und doch machte er ein Geräusch, als 
wenn er jetzt erst zu leben anfinge. Er verschrieb sich eng-— 
lische Doggen, neapolitanische Pferde, afrikanische Löwen, 
und wenn die Thiere ankamen, so sah er sie nicht einmal 
an. Seine Couriere mußten durch das ganze Reich umher 
eilen, um das Volk glauben zu machen, der König sei noch 
in voller Thätigkeit und vom Sterben weit entfernt. Den 
größten Gewinn zog von seinem Lebenshunger Meister 
Jacques Cotier, ein berühmter Arzt und starker Astro— 
log, der sich für jeden Tag, da er ihn in der Cur hatte, 
an 400 Thaler zahlen ließ, und dadurch in den 7 bis 
8 Monaten der Krankheit fast 100,000 Thaler verdiente. 
Als aber weder seine Tincturen, noch seine Besprechungen 
das Uebel lindern konnten, ließ er durch Vermittlung des 
Popstes den h. Franz v. Paula aus Calabrien kommen, 
der eben einen neuen strengen Orden gestiftet hatte, und in 
dem allgemeinen Ruhme der Wunderkraft stand. Ludwig 
flel dem Heiligen zu Füßen, und beschwur denselben, er 
möchte ihm doch das Leben verlängern. Der Heilige wußte 
ihm aber christlichere Gesinnungen beizubringen, und gewann 
so sehr sein Vertrauen, daß der König ihn bis zum Ster— 
ben bei sich behielt, und für seinen neuen Orden ein Klo— 
ster zu Plessis erbauen ließ Er starb noch mit vieler Fas— 
sung, nachdem er dem Dauphin mehrere gute Lehren ans 
Herz gelegt hatte, den 30. April 1483. 
Dieser Dauphin bestieg nun als Karl Vlll den Thron 
und besaß ihn 153 Jahre. Von ihm will ich wenig erzählen. 
Er war klein und mager, trug einen Höcker auf dem Rü— 
cken, und schielte ein wenig. Darum hatte sein Vater ihn 
7 
5
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.