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fingen und ©Metiesen war Mm lieber als die Beschäftigung mit
Len Angelegenheiten des Reiches. Die Gründung oder Ausstattung
eines Klosters machte ihm unendlich mehr Vergnügen, als an der
Spitze de« Heeres zu stehen und die Grenzen des Reiches zu we-
ren und zu erweitern." — „Darum überließ er die Geschäfte
meist feinen Räten und Freunden. Wer unter diesen sein volles
Zutrauen hatte, der konte ihn nach Belieben lenken und selbst zu
solchen Handlungen seine Zustimmung erlangen, die seiner natürli¬
chen Gemütsart widerstritten. Er war nicht zum Könige geboren;
das fühlte er selbst und darum wölke er, wie seines Vaters Oheim
Karlman, dessen Entsagung ihm als ein großartiges ©eispil vor¬
schwebte, die Welt verlaßen, und in einem Kloster seiner natürli¬
chen Bestimmung leben. Aber seine Freunde und Ratgeber, Bigo,
Len er später zum Grafen von Paris ernante, und mit seiner
Tochter Elpheit vermahlte und der Abt Witiza, genant Benedict,
von Aniane hatten Gewalt genug über ihn, um ihn davon abzu¬
halten. "
An Hludwigs Hofe waren noch aus der letzten Zeit
der Regirung seines Vaters zwei Parteien. Das. Inter¬
esse der einen hob Hludwig auf den Kaiserthron, den die
andsre einem Neffen desselben, einem unehelichen Sohne
des vor Karl dem Großen verstorbenen älteren Sohnes
desselben, Pipin, dem Perinhart, bestimt hatte. Das In¬
teresse jener Partei war es, welches dann die Teilung des
Reiches unter Hludwigs Söhne erster Ehe bewirkte und
den Tod Perinharts verschuldete.
Perinhart würde, als unehelich geboren, gleich den unehelicheu
Söhnen Karls selbst bei der Succession sicher ganz übergangen
worden sein, wäre nicht Hludwig der Fromme so wenig zum Her¬
scher geboren gewesen, daß ihn deshalb die erwähnte mächtige Par¬
tei an Karls Hofe von der Kaiserkrone zum Wohle des Reiches
ausschließen und auf Aquitanien beschränken zu müßen glaubte.
Karl selbst schwankte; aber die Betrachtung, daß Hludwig selbst
sich dieser Anordnung nicht fügen werde und könne nach Karls To¬
de, daß das Recht z» offenbar für ihn war, und daß er deshalb
und weil ihn die Geistlichkeit (die Perinharts uneheliche Geburt
am meisten geltend gemacht haben würde) liebte, diese und durch
sie das Volk überal für sich haben werde — diese Betrachtung be¬
wog dazu, Hludwig die Kaiserkrone und das Reich zu laßen, aber
den kräftigeren Perinhart nicht ganz zurückzustellen. Der letztere also
solle unter dem Kaiser Hludwig Italien in ähnlicher Weise regi¬
ren, wie vorher Hludwig Aquitanien und die spanische Mark unter
Karl.