Daß in Italien Ich Pateriner hielten, als sie in
Frankreich bereits unterdrückt waren, daß in Italien das
beutet auf einen Zusammenhang mit England hin, wo sich die früheste Bildung dieser
Gcselschaft nachweisen läßt. Man vergl.:
Beiträge zur Geschichte der Ausbildung der Baukunst. Don vr. 6. L.
Stieglitz. Nebst erläuternden Beilagen und 25 Steinzeichnungen. (2
Bände Leipz. 1834. 8.) Dd. N. S. 83. ff:
Früher war die Baukunst ganz in den Händen der Geistlichen, die die römische tfrt
des Stcinbaues (opus Romanum) zu den Angelsachsen brachten, und hier Kloster»
und Kirchenbaue leiteten. Von England aus ward die Uebung dieser Kunst zu des
DonifaeiuS Zeit nach Deutschland verpflanzt, und das von BonifaeiuS zu Fulda ge»
gründete Kloster zeichnet sich längere Zeit durch tüchtige Baumeister unter feinen Mön»
chcn aus. Mit Fulda wetteiferte bald auch St. Gallen, und auch an anderen JDrtcn
werden nachher Lebte und Dischöffe als Kunstverständige genant. Es scheint, daß ur¬
sprünglich auch die. Steinmetzenarbeit größtenteils von Geistlichen (namentlich: Mön¬
chen) verrichtet ward. Llmälig aber, da die meisten Geistlichen mehr weltlichen und
politischen Beziehungen, nicht aber der Kunst im Dienste der Kirche selbst lebten, bilde,
ten sich auch weltliche Baumeister und Steinmetzen, die sich zu Dewarung und Fort¬
pflanzung ihrer Kentniffe und Fertigkeiten, so wie zu dem notwendigen Zusammen¬
wirken bei großen Bauen, in Corporaticnen einigten. Die einzelnen, so entstandenen
Verbindungen einigten sich in England im Jahre 926 zu einer großen Maurerbrüder¬
schaft mit eigner Dberbehörde und gemeinsamer Verfasung. Von England aus scheint
sich diese Einrichtung auf^Deutschland, und zwar zunächst auf die mit England im in¬
nigsten Handelsverker stehenden niderrhemisch-frisischen Gemeinden übertragen zu ha¬
ben. Der früheste in Deutschland erwähnte Baubruder ist jener Pleber; die am frühe¬
sten erwähnte,Bauhütte die von Straßburg unter Erwin von Steinbach für den Vor¬
bau des Münsters tätige. Seit der Bildung dieser Bauhütten entstund Kunstneid
und Eifersucht zwischen den Baubrüdern und der Geistlichkeit, und der letzteren nicht
immer ihrem Berufe angemeßenes Leben mußte dann den Steinmetzen zu« Zile des
Spottes dienen, wodurch wol überhaupt eine ironischere Ansicht des aktuellen Kirchen¬
zustandes in die Bauhütten kam. Auch deutet dies, daß die Maurerbrüder ihre eignen
Heiligen haben (die vier Gekrönten: Severus, Severianus, Earpophorus und Vietöri»
nuS; anderwärts auch die drei ©.frönten: Elaudius, Easiorius und Simplicius) auf
einige Eigenbildung maurerischer Ueberzeugungen; villeicht hängen sie auch mit Resten
altbrittischer Kirche im Euldeerorden, der besonders die Baukunst pflegte, zusammen;
villeicht auch mit paterinischen Richtungen, da sich bei ihnen die Ansicht wider findet,
der Tempel Salomos sei das Urbild aller christlichen Kirchenbaue, und dieser ein Ab¬
bild der Welt.
In einer Geselschaft, bei der die Theorie durch Zeichen und Sprüche dem Gedücht-
nisse behalten ward, mußte bas symbolische Moment in der christlichen Kirchenbaukunst,
die sich aus dem Dasilikenbau des heidnischen Roms entwickelt hatte, wuchern. Dies
symbolische Moment fand aber erst rechten Raum sich auszubreiten, als die Einfürung
des Spitzbogens stak deS früheren, römischen Rundbogens schlankere Formen, leichtere
Verhältmffe, durchbrochene Arbeit nnd Bildnerei aller Art leichter anbringen ließ.
Einzeln angewandt kommen schon sehr früh Spitzbogen vor z. D. in der Kirche zu
Memleben an der Unstrut, deren Bau in die erste Hälfte des loten Jahrhunderts
fält. In schönster Vollendung erscheint dieser Spitzbogenstyl in Deutschland bereits
am Eölner Dom, dessen Gründung in das Jahr 1248 fält. In England und Frank¬
reich erhielt er erst in der letzten Hälfte des 13ten Jahrhunderts die höhere
Ausbildung. Hat demnach Deutschland auch seine Baukunst im Mittelalter aus frem¬
den Elementen entwickelt, so hat es dieselbe doch höher und früher als andere Natio¬
nen ausgebildet.
Der Kirchenbau ward unters den Händen dieser symbolisirenden Kunst zu einer Ver¬
bildlichung der Welt: der Boden der Kirche mit seinen eingelegten Delphinen und an-
deren Meerthieren ward die Tiefe der Gewäßer, über welche sich die Ehbrc und Ka-