Full text: Geschichte von Hessen insbesondere Geschichte des Großherzogthums Hessen und bei Rhein

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Des Landgrafen Ludwig Vili. Tod. 
17. October 1768. 
Vom nahe,, Jagdschloß Kranichstein 
Nach Darmstadt brauset ein Gespan», 
Sechs weiße Hirsche ziehen d'ran, 
Oer Wagen schließt Herr» Ludwig ein. 
An dem Theater hält der Zug; 
Der alte Herr steigt hastig aus; 
Schon harret seiner stumm das Haus, 
Die Glocke eben sechse schlug. 
Ein ernstes Stück wird aufgeführt : 
Schnell wird ein reicher Kaufmann arm 
Zu London, und der @läiib’ger Schwarm 
Nach seuier Habe gierig spürt. 
Es tritt mit Klagen auf ein Weib, 
Verloren hat sic Hab' und Gut, 
Verloren ihres Lebens Muth, 
Verloren ihrer Schönheit Leib. 
Die gute Frau spricht drauf das Wort 
„Auf Menschen kan» ich »immer bau'n, 
Der Gnade Gottes muß ich trau'n, 
Die Erde ist nur Prüfungsorti" 
Der Landgraf ruft : „Recht Müttcrlein, 
Der Gnad' allein vertrau' ich mich!" 
Erhebt noch einmal hastig sich, 
Und schläft daun ruhig für imm«fr ein. 
Auf Gnade hat der nur gebaut, 
Der viele Gnaden selbst verlieh; 
Daß ihn sein Glaube täuschte nie, 
Bekannt' der Fürst im Sterbe» laut. 
H. K ü n z e l. 
Die Hessen auf der Bresche von Badajoz in Spanien *). 
6 7 April 1812. 
Vollendet ist der Sonne Lauf, 
Feurig glühen ihre letzten Strahlen 
Drohend steigen schwarze Wolken auf, 
Die in Abendglulh sich blutig malen; 
Schaurig hüllet die Natur 
Sich in finstre Schatten ein 
Und eck schweiget jede Creatur, 
Einsam schreitet nur allein 
Abgemeßuen Schrittes durch die Nacht 
Noch der Posten, welcher wacht 
In der Feste nuten aui Glacie. — 
Horch! jetzt rufet er: „gut vit!“ 
Nein, es war des Todtenvogels Schrei, 
Der, im Feindeslagcr aufgeschreckt, 
An der Feste flog vorbei. 
Oft schon hat er uns geneckt! 
Ihm verleiht der aberwitz'ge Wahn, 
Thöricht, die prophet'sche Gabe, 
Als künd' er den Todescngcl an 
Und berufe Opfer zu dem Grabe. — 
Horch! es stöhnt und ächzt 
Dort im Schutte und Getrümmer 
Zcner Bresche. — Nein, es krächzt 
Nur das Käutzchen. Immer 
Hör' ich's zu derselben Stunde, 
Wo der Posten an dem Thurme steht, 
Wenn vor Mitternacht die Runde 
Auf dem Walle hin und wieder geht. 
Auch mag's Mancher nicht wohl leiden, 
Denn sein Krächzen soll nicht Gut's bedeuten. 
Will's wohl glauben, 
Daß cs uns nicht's Gutes mag verkünden. 
Dennoch soll es uns den Muth nicht rauben 
Und uns stets aus unserm Msten finde». 
Sind wir nicht die alten wacker» Hessen? 
Hat der Sieg uns nicht schon oft gelacht 
Wenn wir uns mit Kampf'egier gemessen 
Mit dem Feind in blutig, heißer Schlacht? 
Fanden wir nicht bei Zornosa schon 
Unsers Muthes ehrenvollen Lohn? 
Standen wir nicht brav und kühn 
In der Schlacht bei Medellin? 
Rückte» wir nicht niuthig wacker vor 
Zn dem Kampf bei Mesa de Ipor? 
Oder in Asturiens hohen Felscnrücken, 
Wo der Spanier nie dem Mauren wich, 
Ließen wir uns siegreich dort nicht blicken, 
Als der Feind bei. Salas setzte sich? 
Krönt' uns nicht der Sieg an beiden Orten, 
Wie im Süden dort, so hier im Norden? 
Ward nicht hier, wie dort die feindliche Kanone 
Unserm Muth zum wohlverdienten Lohne? 
Pochte nicht das Herz des tapfern Hesse» hoch, 
Als von Arzobispo sich der Feind zurücke zog? 
Und in Talavera de la Neina's Völkerschlacht 
Schlugen sich die Hessen nicht bis in die Nacht? 
Zogen sie dann muthig nicht zum Tasostrandc, 
Als der Feind sich n, ch der Mancha wandte, 
Und als dort aus'S Neu entzündet sich der Krieg, 
Theilte» sie nicht bei Almonacid den Sieg? 
*) Aus „Zum Fest der alten Lieb' und Treue der braven Kameraden, zur Erinnerung au unsern letzten Kampf in 
Spanien vvr 4V Jahren, gewidmet von ihrem allen Waffenbruder Georg Phil. Maurer. Darinstadt am 6. April 1852." 
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