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Prediger Adam Kraft, sein Kanzler Ioh. Feige, Balthaser Schrantenbach und der
frühere Franziskanermönch Franz Lambert aus Avignon. Für den Kirchentag zu
Homberg, welcher am 21. Oktober 1526*), in Ermangelung von Bischöfen, in An¬
wesenheit der hessischen Prälaten, Acbte und Vorsteher der bedeutendsten Klöster, wie
der Grafen, Ritter und Abgeordneten der Städte eröffnet wurde, und in Form einer
öffentlichen Disputation zwei Tage dauerte, hatte Lambert in Philipps Auftrag eine
„Kirchenordnung" ausgearbeitet, welche, obgleich sie nie ins Leben eingeführt wurde,
doch die Grundzüge enthält, nach welchen Philipp in ächt evangelischer Weise Wieder¬
geburt und Vertassung der christlichen Kirche in Hessen einzurichten gesonnen war.
Nur der Guardian der Franziskaner zu Marburg, Nikolaus Ferber, hatte mit ge¬
beugtem Haupte und niedergeschlagenen Augen Widerspruch erhoben. Die Hierarchie
fiel und mit ihr der deutsche Orden und das Klosterwesen in Hessen, im Ganzen etwa
50 Kloster der Augustiner, Franziskaner, Karmeliter, Antomter, Dominikaner, Kugel-
herrn, der Benediktiner, Cisterzienser, wie die Nonnenklöster mit über tausend Mönchen
und Nonnen. Das Evangelium wurde der Grundpfeiler des Glaubens, die Ehelosig¬
keit der Priester aufgehoben, die seitherigen Einkünfte auf Geistliche und Schulen ver¬
wendet, das Abendmahl unter beiderlei Gestalt gereicht, der Gottesdienst deutsch ab¬
gehalten und geregelt, die Bilder entfernt, die Fasten aufgehoben. Gerade die Refor¬
mation brachte auch in Hessen einen unzerstörbaren Schatz von Bilvungs- und Wohl-
thätigkeitsanstalten hervor, wodurch Deutschland das wurde, was es ist. Bor allem
wurde die Universität Marburg gestiftet, aber erst 1541 vom Kaiser bestätigt, daniit
aus ihr „unerschrockene Bekenner Christi, und standhafte Vertheidiger der evangelischen
Wahrheit hervorgingen", wie Lambert bemerkt, die Festung Ziegenhain wurde erbaut,
die adeligen Fräuleinstiftungen Kaufungen und Wetter gegründet und die Hospitäler
Hayna, Merxhausen, Gronau und Hofheini in der Cent Erfelden für Kranke, Gepreßte
und Wahnsinnige eingerichtet.
Mit den evangelischen Fürsten, mit welchen Philipp bereits 1526 ein Bündniß
zu Torgau geschlossen, unterzeichnete er den 19. April 1529 die „Prvkestalion", die
den Bekennern der evangelischen Kirche den Ehrennamen „Protestanten" gab, diese
berühmte Akte, die Grundlage der evangelischen Gewissensfreiheit, das Geburtsrccht
der Reformation und jedes Evangelischen Christen, eine Erklärung vor Gott und den
Menschen, daß sie, die Fürsten, das angefangene Werk der Reformation auf den Grund
der heiligen Schrift fortsetzen wollten, wie sie es „vor Gott und dem Kaiser verant¬
worten könnten." Philipp war es, der in Augsburg auf dem Reichstag darauf drang,
daß am 25. Juni 1530 vor Kaiser Karl V. und einer Versammlung von 200 Reichs¬
gliedern das von Melanchtvn in Verbindung mit Luther abgefaßte Bekenntniß des evan¬
gelischen Glaubens, die Augsburger Confesston, in deutscher Sprache öffentlich vor¬
gelesen wurde. Dort in Augsburg war es, wo Philipp, damals im 26. Lebensjahre,
dem Kaiser erklärte : „In den besten Jahren seines Alters fliehe er nicht die Freude,
noch die Gunst der Großen, aber den trügerischen Gütern dieser Welt ziehe er die
Gnade Gottes vor." — Gegen seinen nahen Verwandten, de» vom schwäbischen Bunde
vertriebenen Herzog Ulrich von Würtemberg, der sich die Liebe seiner Unterthanen durch
freche Willkür verscherzt hatte, benahm sich Philipp, nachdem er ihm eine sichere
Zuflucht in seinen Schlössern an der Bergstraße gewährt, so uneigennützig, daß ihm
die Zeitgenossen deßhalb den Ehrennamen des Großmüthigen (Magnanimus) gaben.
Philipp, freilich leider vom König von Frankreich unterstützt, schlug mit 30,000 Mann
die Oestreicher bei Laufen **) am Neckar (12. Mai 1534), trieb sie aus dem Lande
und den Festungen, und setzte Ulrich nicht allein wieder in sein Herzogthum, sondern
auch in die Liebe seiner evangelischen Unterthanen ein. — Die evangelischen Fürsten
*) Die Synode zu Homberg und die Einführung der Reformation in Hessen. 1526. Von
Ch. von Rommel. S. 192.
**) Lausen. Von Hauch. S. 379.